Facebook-Attacken, gehackte Bankkonten, und immer noch Cyber-Mobbing: Die Untaten im Internet hören nicht auf, trotz verstärkter Kontrollen und Verschlüsselungen. So gesehen, bietet "Rufmord", der ZDF-Film von Viviane Andereggen, der nun bei ARTE in Erstsendung zu sehen ist, nicht unbedingt Neues. Doch zeitlos ist der TV-Film, mit dem die Produktionsfirma Hager Moss Film beim Filmfest München den Bernd-Burgemeister-Preis der Verwertungsgesellschaft der Film- und Fernsehproduzenten (VFF) gewann, allemal.
War es etwa im ARD-Film "Homevideo" (2011) noch ein Schüler, den eine Smartphone-Kampagne mit obszönen Bildern traf, so ist es hier eine Lehrerin, von der plötzlich ein Nacktfoto auf der Homepage ihrer Schule erscheint. Ein verlassener Freund hatte es vor vielen Jahren auf eine "Racheseite" gestellt, wie man später erfährt.
Luisa Jobst (Rosalie Thomass), die ihre Schüler eigentlich mögen, hat fortan keine Ruhe mehr. Freche Schüler machen sich über die Lehrerin lustig, neidvolle Kolleginnen sehen in der Peinlichkeit ihre Chance. Ein Weiteres besorgt eine gefakte Seite, auf der die Lehrerin zu sexuellen Diensten einlädt. Die einfältige Schuldirektorin stellt sich unter dem Druck der Kolleginnen alsbald gegen Luisa. Sie beruft einen Elternabend ein, bei dem Luisa vor keifenden Eltern hingerichtet wird – eine Art Tribunal. Am Ende wird Luisa beurlaubt, um über den Vorfall – wie zynisch – in Ruhe nachzudenken.
Besonderes Interesse an Luisas Beurlaubung könnte der Hoch- und Tiefbau-Unternehmer Bär (Johann von Bülow) haben. Bär ist Vater eines Sohnes, den Luisa mangels Begabung für den Übertritt aufs Gymnasium nicht empfiehlt. Und das, obwohl Herr Bär der Schule immer wieder allerlei finanzielle Wohltaten zukommen lässt. Bär versucht denn auch, Luisa umzudrehen – was ihm aber trotz aller bewundernswürdiger Rhetorik nicht gelingt.
Geschichte wird vom Ende her erzählt
Währenddessen zieht das Mobbing im Dorf vor den bayerischen Bergen immer weitere Kreise – sei es im Cyberspace oder in der örtlichen Kneipe. Weil hier jeder jeden kennt, werden bald am Stammtisch anzügliche Witze gemacht. Luisas neuer Freund, der Schreiner Finn (Shenja Lacher), wird denn auch gleich mit gemobbt. Schließlich hat er wegen Luisa seine Frau verlassen. Gut, dass die resolute Wirtin eine von ihm ausgelöste Schlägerei mit ihrem Haltegriff gerade noch verhindert.
Dass es auf Luisas Handy immer wieder anzügliche Geräusche und Mitteilungen gibt, lässt sich denken. Manch einer schlägt gar über die Stränge, indem er an Luisas Fenster die Zunge reibt. All das wäre dann vom Thema her nicht neu. Allerdings wird Luisa von Rosalie Thomass als absolut sympathische, in sich ruhende Frau gespielt, von der man lange hofft, dass sie sich zu wehren weiß. Sie erstattet denn auch Anzeige gegen Unbekannt bei der Polizei – nicht ohne jedoch den Verdacht auf Georg Bär zu lenken. Die Nachforschungen könnten Monate dauern, so muss sie sich leider belehren lassen.
Zwischen die Mobbing-Umtriebe und Luisas Nervenkrieg, der schließlich in einem Zusammenbruch mündet, schiebt sich von Beginn an in kurzen Einschnitten immer wieder die Suche der Polizei nach Luisa. Denn die Lehrerin ist bereits zu Beginn des Films verschwunden, Luisas Schicksal wird somit vom Ende her erzählt. Es gibt keine Leiche, doch die Lehrerin könnte ermordet worden sein. Diese zweite Ebene ist gewiss ein spannungsförderndes Element, gleicht aber auch üblichen "Tatort"-Recherchen. So viel Krimi hätte es hier nicht gebraucht. Man ist daher dankbar, dass es zuletzt doch noch eine überraschende Wende gibt.
Quelle: teleschau – der Mediendienst