"Falsches Heimatgefühl kann sehr viel Blödsinn hervorbringen"
Am 7. November wird der "Bulle von Tölz"-Star und langjährige Gastgeber der Kabarettsendungen "Ottis Schlachthof" und "Ottis Aquarium" 65 Jahre alt.
Er hat es wirklich gemacht: Ottfried Fischer, Volksschauspieler, Kabarettist und immer auch ein fairer Förderer anderer Künstler, nimmt seinen krankheitsbedingten Rückzug in seine niederbayerische Heimat ernst. Wenige Kilometer Luftlinie vom abgelegenen Bauernhof Ornatsöd, wo Fischer einst zur Welt kam und aufwuchs, lebt der einstige "Bulle von Tölz" und "Pater Braun" zurückgezogen in Passau. Fischer laboriert an der tückischen Parkinson-Krankheit, die seinen Abschied vom Fernsehen, aber auch von den Kleinkunstbühnen unumgänglich machte. Dass er die Krankheit hat, machte er bereits 2008 öffentlich. Und unterkriegen lässt er sich von ihr schon gar nicht. "Schüttelreime" sind von ihm nicht zu erwarten, wie er einmal mit der ihm eigenen feinen Selbstironie ankündigte. Nur ab und an gastiert "der Otti" noch auf ausgewählten Bühnen. Am 7. November wird das bayerische Original 65 Jahre alt.
Zuletzt eröffnete Fischer sein "Hochwassermuseum" in Passau, ein langjähriges Herzensprojekt. Und auch kurz vor der bayerischen Landtagswahl hat er sich über seine Facebook-Seite noch einmal frotzelnd, aber dezidiert vor den Rechten und "alternativen Rechten" mahnend zu Wort gemeldet – und den "Bavaria One"-Ministerpräsidenten Markus Söder kritisiert. Im Allgemeinen lässt es Ottfried Fischer aber ruhig angehen – auch zu seinem Ehrentag, der für so viele ja für den Eintritt in den Ruhestand steht.
prisma: Herr, Fischer, was wünschen Sie sich zu Ihrem Geburtstag?
Ottfried Fischer: Ich wünsche mir, dass es mir noch lange gut geht.
prisma: Sie leben schon seit einiger Zeit wieder in Passau, nach zuvor über 40 Jahren in München. Was bedeutet Heimat für Sie?
Ottfried Fischer: Heimat ist ein ambivalentes Ding. Falsches Heimatgefühl kann sehr viel Blödsinn hervorbringen, wie man jetzt gerade wieder sieht mit den Flüchtlingen. Andererseits ist Heimat etwas, das den Menschen Identität, Sinn und Bodenhaftung gibt und ihnen hilft, den Stürmen des Lebens zu trotzen.
prisma: Sie haben sich nicht von ungefähr immer wieder in Ihren Projekten mit der Heimat auseinandergesetzt ...
Ottfried Fischer: Genau. Was ich gemacht habe, konnte man immer unter dem Aspekt "Heimatfilm" sehen. Auch "Der Bulle von Tölz" war eigentlich mehr ein Heimatfilm als ein Krimi. Die Leiche war bei uns nicht wichtig, es war jugendfrei, und es ist die schöne Landschaft gezeigt worden. Ich hab' da ein bisschen einen anderen Heimatfilmgedanken. Was ich gemacht habe, waren eigentlich Heimatfilme, weil sie die Sorgen und Nöte der Leute widergespiegelt haben und weil einfach die Umgebung gezeigt wurde, und Heimat ist auch immer erinnern oder irgendwo hinkommen, wo man schon mal war, oder etwas wiederfinden, was man woanders verloren hat. Deswegen ist der Begriff "Heimatfilm" viel breiter zu sehen als nur "Der Förster vom Silberwald".
prisma: Schauen Sie privat eigentlich gern Heimatfilme?
Ottfried Fischer: Jetzt bricht ja wieder die Jahreszeit an, in der besonders viele Heimatfilme im Fernsehen kommen. Und wenn ich den Fernseher anmache und sehe, dass gerade einer läuft, dann bleibe ich da meistens hängen.
prisma: Sie standen lange fast ununterbrochen vor der Kamera. Ihren Fans sind sie natürlich unvergessen – auch dank der vielen Wiederholungen im Free- und Pay-TV. Wie hat sich die deutsche Fernsehlandschaft Ihrer Meinung nach in den letzten Jahren verändert?
Ottfried Fischer: Das Fernsehschauen ist es, was sich verändert hat. Man sucht sich selbst irgendwelche Programme zusammen und schaut fern. Wir haben noch in die Programmzeitschrift geschaut und dann überlegt, was wir anschauen. Oder wir haben es auf uns zukommen lassen. Das ist heute bei den jungen Leuten alles ganz anders, die schauen viel dezidierter genau das an, was sie sehen wollen. Und das ist natürlich auch ein interessantes Verhalten.
prisma: Könnten Sie sich vorstellen, dass eine Karriere wie Ihre heute noch möglich wäre?
Ottfried Fischer: Ich weiß es nicht. Wenn man sich heute im Internet und im Facebook die ganzen Influencer anschaut, da sehen sicherlich die Karrieren anders aus. Die entstehen schneller und sind auch schneller wieder vorbei. Ich habe es, glaube ich, geschafft, mich so mit einigen Filmen in Verbindung zu bringen und in die Wohnzimmer der Menschen zu spielen, dass mir da noch lange ein hoher Bekanntheitsgrad zuteilwerden wird.
prisma: Gibt es eine Rolle, die Sie besonders geprägt hat?
Ottfried Fischer: Ja, das ist auch eine Art Heimatfilm gewesen. Das war "Irgendwie und sowieso", meine erste Serie im Bayerischen Fernsehen. Da habe ich einen Bauernbuben gespielt im Jahr 1968, das war eigentlich meine schönste Arbeit, die ich machen durfte. Das ist natürlich etwas, das man nicht mehr vergisst. Damals war die Festplatte noch leer, da ist alles ganz frisch gekommen.
prisma: Welche Tipps geben Sie jungen Schauspielern am Anfang ihrer Karriere?
Ottfried Fischer: Wenn einer der festen Ansicht ist, dass er Erfolg haben wird, dann sollte er es auf jeden Fall probieren. Es ist weniger gefährlich als manch anderer Beruf inzwischen. Wenn er allerdings einen Hauch von Zweifel hat, dann sollte er sich genau überlegen, ob er das machen will. Ich würde vielleicht empfehlen, es so zu machen, wie ich es auch gemacht habe: dass man sich noch ein zweites Standbein aufbaut, wie das bei mir zum Beispiel das Kabarett oder das Theater war. Wie überall heutzutage muss man Nischen finden, wo man sich ausbreiten kann. Aber diese Nischen zu finden, ist nicht einfach, weil viele natürlich auch schon von anderen Künstlern besetzt sind.
prisma: Nachdem der BR bei Ihrem Klassiker "Ottis Schlachthof" den Stecker gezogen hatten, kehrten Sie zuletzt noch einmal auf Betreiben von Heimatkanal-Senderchef Gottfried Zmeck im Pay-TV zurück – mit einer für sie nach vertrautem Muster maßgeschneiderten Reihe. Welche Erinnerungen verbinden Sie mit dem Dreh zu "Ottis Aquarium"?
Ottfried Fischer: Ich war sehr angetan, weil alle Mitarbeiter vom Heimatkanal so dahinter gestanden sind. Unsere erste Sendung war quasi so ein kleiner Betriebsausflug für den Heimatkanal, und da waren alle da und haben mit so einer tollen Stimmung dafür gesorgt, dass es eine gute Sendung geworden ist. Da habe ich mich richtig wohlgefühlt. Es war eine tolle Arbeitsatmosphäre. Und auch dem Herrn Zmeck muss ich da danken, dass er mir das Vertrauen entgegengebracht hat. Insgesamt war es eine sehr schöne Zeit.
prisma: Gab es einen Gast oder mehrere Gäste die Ihnen besonders gut in Erinnerung geblieben sind?
Ottfried Fischer: Für unser kleines süßes Format hatten wir eigentlich sehr viele tolle Gäste. Der Christian Ude war brillant wie immer, oder auch der Christian Springer der eine ganz andere Farbe hereingebracht hat durch sein Hilfsprogramm für Syrien. Dadurch war die Sendung immer sehr abwechslungsreich. Wenn man sich die Sendung noch mal anschaut, sieht man erst, was da für Hochkaräter dabei waren.
Unter der Überschrift "Herzlichen Glückwunsch, Ottfried Fischer!" zeigt der Pay-Sender Heimatkanal, der etwa bei Sky, aber auch bei Streaming-Anbeitern wie Zattoo und Waipu.tv zu sehen ist, eine Sonderprogrammierung. Los geht's am Mittwoch, 7. November, um 21.50 Uhr, mit einem Rückblick auf die gemeinsame Eigenproduktion "Best of 'Ottis Aquarium", danach folgt das TV-Interview "Bei uns zu Gast: Ottfried Fischer" um 22.55 Uhr. Ab Freitag, 9. November, werden jeweils ab 23.15 Uhr alle 21 Folgen von "Ottis Aquarium" noch einmal wiederholt.
Bei seinem früheren Heimatsender, dem Bayerischen Fernsehen, wo unter anderem der Klassiker "Ottis Schlachthof" ausgestrahlt wurde, läuft bereits am Donnerstag, 1. November, um 22.15 Uhr, das Geburtstagsspecial "Ottfried Fischer – Das Beste!"
Quelle: teleschau – der Mediendienst