"Der Letzte seiner Art"

"München Mord": Ein Hauch von "Monaco Franze"

von Wilfried Geldner

Handelt es sich bei der Leiche wirklich um den "Paten" des Bahnhofsviertels aus den 70er-Jahren, wie Kommissar Schaller glaubt? Nein! Der Tote war ein Doppelgänger.

ZDF
München Mord – Der Letzte seiner Art
Krimi • 13.02.2021 • 20:15 Uhr

Im Büro der Münchner Kriminaler herrscht gähnende Langeweile, die Zeit scheint stehen geblieben. "Nein", sagt Angelika Flierl (Bernadette Heerwagen), die von den Kollegen immer nicht richtig ernst genommen wird, "sie vergeht nur langsamer". Wieder einmal dreht sich in "München Mord" alles um die Vergangenheit, in der alles besser war. Irgendwie. Als Gustav Schmidinger (Martin Umbach), der frühere "Pate von München", ein Spielhallen- und Bordellbesitzer, in Nähe der Hackerbrücke erdolcht wird, würden sie ihm wohl am liebsten posthum die Medaille "München leuchtet" überreichen – als einem Symbol seiner Zeit. Doch dann werden Schaller (Alexander Held), Neuhauser (Marcus Mittermeier) und Flierl, die Kommissare in der Folge "Der Letzte seiner Art" (Drehbuch: Peter Kocyla, Regie: Jan Fehse), auf den Boden der Tatsachen zurückgeworfen: Der Tote war ein Doppelgänger.

"Früher war alles besser: die Menschen, die Stadt, die Verbrechen", behauptet der von Alexander Held gespielte melancholische Romantiker Schaller kühn in seinem Off-Prolog. Er weiß aber auch: "Wonach wir uns wirklich sehnen, das ist unsere Jugend, die nie so gewesen ist, wie wir sie in Erinnerung haben." Schöne Sätze sind das. Schon in den vorherigen Folgen, der Schwabing-Nostalgie "Leben und Sterben in Schwabing" und der 60er-Eloge "Ausnahmezustand" hatte sich Schaller in die Vergangenheit zurückgeträumt.

Aus Kalifornien ins "Nevada"

Diesmal ist die Vergangenheit, genau besehen, noch gar nicht vorbei: Der angebliche Pate vom Bahnhofsviertel, in Schallers Augen die wahre Legende eines Gentleman-Verbrechers, schon weil er einst seinem Hass-geliebten Chef Zangel (Christoph Süß) die Stirn bot, kehrt zurück aus seinem Fluchtort Kalifornien. Nicht nur sein "Hideaway" im Pharao-Hochhaus zu Oberföhring sieht aus wie das Denkmal einer nicht wirklich vergangenen Zeit, auch im Bahnhofsviertel sieht alles noch so aus, wie es mal war – die Leuchtschriften fraglos ein Miniatur-Las Vegas mit Spielhöllen, Hotels und "Table Dance"-Destinationen. "Nevada" heißt denn auch die Spielhalle mit der bunten Einlegeware, die sich der einstige Pate nun zurückerobern möchte – leider jedoch steht er anderen im Wege.

Dies wissend, ließ er – wie schlau – einen Mitarbeiter als "Lookalike", wie Schaller sagt, auftreten. Der anschließende Mord gibt dem Münchner Dreigestirn Schaller, Neuhauser und Flier Gelegenheit, bei allerlei tatverdächtigen Nachfolgern zu schnüffeln und amüsant zu spekulieren. Dass das nicht gar so spannend wird, sondern vor allem von den Binnendialogen der Kommissare lebt, wird schnell klar: Vor allem Angelika Flierl, die Schaller immer "Fräulein" nennt, hat viel unter der – gefühlten – Arroganz ihrer Kollegen zu leiden.

Auch schrammt die neue "München Mord"-Folge bei mancher ihrer Figuren mal wieder haarscharf an einer gewissen Frauen- und Fremdenfeindlichkeit vorbei. Hauptverdächtige im Film, der zuletzt in einer bunten Faschingsparty in der Spielhölle "Nevada" kulminiert, ist ja eine Hostessen-Chefin aus Albanien (Edita Malovcic), die ihre Arroganz besser als ihr Widersacher Neuhauser (Marcus Mittermeier) zu zelebrieren weiß.

Skandal im Sperrbezirk, wieder mal. Man sollte nicht allzu lang in der wahren Historie Münchens suchen – da läge man eher bei anderen Münchner Morden richtig, oder bei der Spider Murphy-Gang. Das sogenannte Lokalkolorit könnte allerdings ebenso gut den "Kiezen" von Frankfurt oder Hamburg entstammen. Insofern wäre die Sache recht austauschbar, würde da nicht in vielen Dialogen der gute alte Monaco Franze um die Ecke lugen. Für die Pointe zuletzt jedenfalls, wenn der Neuhauser nach dem soeben aufgeklärten Mord die als Masha Hunt verkleidete Angelika fragt: "Du, Angelika, meinst die Party im Nevada läuft noch?" gäbe mancher Autor sicher sein letztes Hemd. Auch ohne Monaco-Seeräuberlook bleibt es ein sehr versöhnlicher Satz.


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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