"Ich weiß nicht, ob mein Vater meine Musik hört"
Kiefer Sutherland ("24") wurde als Schauspieler zum Weltstar, gewann Rodeo-Meisterschaften, und demnächst tourt er mit seinem neuen Country-Album auch durch Deutschland. Beim Treffen in Hamburg blickt er zurück – unter anderem auch auf eine "schöne, unschuldige Zeit" mit seinem berühmten Vater.
Ein Meilenstein für Schauspieler Kiefer Sutherland ("Lost Boys", "24", "Designated Survivor"): Sein kürzlich erschienenes zweites Album "Reckless & Me" stieg in Großbritannien in die Top Ten der Albumcharts ein. Der 52-jährige Hollywood-Star ist dieser Tage immer öfter als Country-Musiker unterwegs, und gäbe es den Begriff "Storyteller" nicht schon, er müsste für Sutherland erfunden werden. Bereits zwei Tourneen hat er auf deutschem Boden gespielt – ab Juli ist er wieder in hiesigen Gefilden unterwegs. Bei einem Treffen in Hamburg erklärt Sutherland, warum er seine Zweitkarriere so sehr genießt, wie es um das Verhältnis zu seinem berühmten Vater steht, warum er Whisky liebt und was Pferde mit alldem zu tun haben.
"Ich war der Einzige im Kindergarten, der ein Aerosmith-T-Shirt trug", erzählt Kiefer Sutherland amüsiert. Bekannt ist der Kanadier in erster Linie für seine Schauspielerfolge in Serien wie "24" und "Designated Survivor". Aktuell macht der Hollywood-Star aber vor allem als Country-Musiker von sich reden. Mit Cowboy-Hut, Akustikklampfe und Band gibt er countryeske Songs mit jeder Menge Storytelling zum Besten.
Album wurde nach einem Pferd benannt
Gerade erschien Sutherlands neues Album "Reckless & Me", das etwas bluesiger geraten ist als das Debüt von 2016. Es gibt wohl nicht viele Männer, die ein Album nach einem Pferd benannt hätten. Sutherland lacht. "Mag sein. Aber ich verdingte mich in den 90ern als Rodeo-Reiter und verbrachte unglaublich viel Zeit damit, Pferde einzureiten und zu trainieren." Sutherlands Pferd hieß Reckless – übersetzt: waghalsig – und ist nun Protagonist des Titelsongs. "Beim Schreiben konnte ich irgendwann gar nicht mehr trennen, ob ich noch über das Pferd oder über mich selbst schrieb. Denn ein Teil von mir ist waghalsig." Doch wie kam er damals überhaupt zu dem Rodeo-Job? "Mir wurden einfach keine Rollen mehr angeboten, die ich interessant fand", gibt er offen zu. "Also musste ich den Kopf frei bekommen."
Kiefer Sutherland zog damals von Rodeo zu Rodeo, gewann 1994 und 1996 sogar bei den Meisterschaften. "Viele Jahre ziemlich erfolgreich im Rodeo-Betrieb gewesen zu sein, hatte etwas sehr Heilsames", erklärt er. Dabei war es eigentlich der Glamour von Hollywood, der ihm als Sohn der Schauspieler Donald Sutherland und Shirley Douglas in die Wiege gelegt wurde. Den Vornamen verdankt er Warren Kiefer, dem Regisseur, der 1964 seinem Vater dessen erste Filmrolle verschafft hatte.
Seine eigene Filmkarriere begann 1983, als er gemeinsam mit Sutherland Senior in "Max Dugans Moneten" vor der Kamera stand. Es war das einzige Mal, dass es die Sutherlands im Doppel gab. Er übernahm Rollen in dem Abenteuerfilm "Stand By Me - Das Geheimnis eines Sommers" (1986) und dem Vampir-Horror-Movie "The Lost Boys" (1987), spätestens aber mit dem Psycho-Thriller "Flatliners" (1990) hatte sich Kiefer Sutherland von seinem Vater freigeschwommen.
Als Agent Jack Bauer in der TV-Serie "24" (ab 2001) erlebte er nach seiner Rodeo-Auszeit quasi den zweiten Durchbruch als Schauspieler. "Jack Bauer war eines der großen Privilegien in meinem Leben. Die Rolle kam genau im richtigen Moment", erinnert sich Sutherland und fügt hinzu: "Ich wünschte, ich selbst wäre ein bisschen mehr wie er. Aber ich habe wesentlich mehr mit Tom Kirkman gemeinsam." Kirkman ist der Charakter, den er seit 2015 in der Netflix-Serie "Designated Survivor" verkörpert: ein Nobody, der US-Präsident wird. Anfang Juni erscheint die dritte Staffel.
Als Musiker ist Sutherland Autodidakt. Früh inhalierte er die Lieder von Johnny Cash, Kris Kristofferson und Bob Dylan. Zu Letzterem kommen ihm auch immer Bilder seines Vaters in den Sinn aus der Zeit, als dieser gerade den Film "Mash" (1970) drehte und lange Haare trug. "Er besaß einen roten Ferrari Roadster mit einer eingebauten Acht-Spur-Tonbandmaschine, auf der er in Dauerschleife Bob Dylan abspielte. Er tat dies die ganzen 70-er hindurch, denn er hatte nur eine Platte. Das war damals eine schöne, unschuldige Zeit mit meinem Dad."
"Ich würde gerne die ganze Nacht in Bars herumhängen"
Sutherlands Eltern ließen sich 1970 scheiden. In den Jahren danach sah er seinen Vater nicht mehr allzu häufig – Kiefer zog damals mit seiner Mutter von Kalifornien nach Toronto. Angesprochen darauf, was Oscar-Ehrenpreisträger Donald Sutherland von seiner späten Musikkarriere hält, macht sich Ernüchterung breit. "Ich habe noch nie mit ihm darüber gesprochen. Ich weiß nicht einmal, ob er meine Musik überhaupt gehört hat, um ehrlich zu sein." Das Verhältnis sei in Ordnung, beide wären bloß so sehr beschäftigt mit der eigenen Arbeit, dass man sich seit über einem Jahr nicht mehr gesehen habe. "Und wenn wir uns sehen, geht es eher um die Familie."
Sutherland hat eine Zwillingsschwester namens Rachel sowie vier Halbgeschwister. Aus seiner ersten Ehe mit Camelia Kath stammt seine heute 31-jährige Tochter Sarah, die ebenfalls schauspielert. Auch seine zweite Ehe mit Kelly Winn wurde geschieden. Seit 2017 ist er mit der Schauspielerin Cindy Vela verlobt. Verlobt war er Anfang der 90-er auch mit "Flatliners"-Co-Star Julia Roberts, die drei Tage vor der Hochzeit das Weite suchte. Kein Zweifel, der Mann hat gelebt! Davon zeugen nicht nur die Tattoos, die unter seinem Hemd hervorblitzen, sondern auch seine Lieder.
Persönlich und geradezu intim wird es, wenn Kiefer Sutherland seiner Mutter mit "Saskatchewan" – benannt nach der kanadischen Provinz, wo die Wurzeln seiner Familie liegen – eine Hommage singt. Oder wenn er mit "Song For A Daughter" seiner Tochter Sarah huldigt. Seine erste und größte Liebe sei aber immer der Whisky gewesen, beteuert er mit einem Augenzwinkern – obwohl ihn Trunkenheit am Steuer sogar einmal bis ins Gefängnis katapultiert hatte. "Ich würde gerne die ganze Nacht in Bars herumhängen", erklärt er zu seinem Tourleben als Country-Rockstar. "Aber die Wahrheit ist: Du kannst es nicht tun, wenn du vier Shows am Stück spielen musst. Denn Whisky tötet deine Stimme."
Dass es vielen Schauspiel-Kollegen wohl zu mühsam wäre, in einem anderen Fach noch einmal neu anzufangen und sich etwas aufzubauen, so wie er es nicht nur einmal tat, quittiert Sutherland mit einem Lächeln. "Das ist mit der Musik wie mit dem Rodeo: Ich will besser und besser werden. Und für die Dinge, die man liebt, findet man die Zeit."
Kiefer Sutherland auf Tour:
28.07. Lörrach, Rosenfelspark
29.07. Dornbirn, Dorbirn Conrad Sohm
03.10. Hamburg, Gruenspan
04.10. Berlin, Heimathafen Neukölln
05.10. Wien, WUK (A)
08.10. München, Technikum
09.10. Köln, Die Kantine
Quelle: teleschau – der Mediendienst