WDR-Programmchef

Jörg Schönenborn nach Rassismus-Talk: "Darf uns nicht passieren"

Verharmlosend über Rassimsus sprechen – in einer Talk-Runde ohne Teilnehmer mit Migrationshintergrund: Für diese Herangehensweise des WDR-Formats "Die letzte Instanz" hagelte es Ende Januar Kritik.

Im Interview mit dem "Tagesspiegel" zeigte sich Jörg Schönenborn, Programmdirektor Information, Fiktion und Unterhaltung beim Westdeutschen Rundfunk, tief zerknirscht über den Eklat: "Täglich fühlen sich Menschen durch Worte tief gekränkt, ohne dass die, die es auslösen, das auch nur merken. Dafür zu sensibilisieren, das ist unsere Aufgabe", stellte Schönenborn klar. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk müsse dazu beitragen, die Gesellschaft zusammenzuhalten. Im Falle der bestenfalls unsensiblen Ausgabe sei man diesem Anspruch "absolut nicht gerecht geworden".

Es folgt ein deutliches Eingeständnis: "Eine ganze Gesprächsrunde inklusive der Redaktion hat kollektiv tiefrote Linien übersehen." Wie verletzend die Debatte für Sinti und Roma sowie People of Color gewesen sei, hätte die Runde nicht wahrgenommen. "Das darf uns nicht passieren, deshalb haben wir uns sehr schnell entschuldigt und Konsequenzen gezogen." So würde ein "divers und hochrangig" besetzter Kreis um die Integrationsbeauftragte Iva Krtalic daran arbeiten, sich bezüglich kultureller Vielfalt zu verbessern. Dabei sei laut Schönenborn der WDR "seit vielen Jahren Vorreiter beim Thema Diversität", weshalb die Verfehlung besonders schmerzen würde.

Themenabend im WDR

Auch wenn Jörg Schönenborn betont, dass der WDR in der Woche nach der Sendung bereits reagierte, folgt erst am Donnerstag, 18. März, der Themenabend zu Rassismus in Deutschland. "Freiheit, Gleichheit, Hautfarbe! – Warum hat Rassismus mit uns allen zu tun?" beschäftigt sich mit strukturellem und verdecktem Rassismus im Format einer Diskussionsrunde sowie einer Reportage.

"Diese Woche geht es um mehr", kündigt Schönenborn eine tief greifende Auseinandersetzung an. "Wir machen einen Programmschwerpunkt in Fernsehen, Radio und der Mediathek, der sensibilisieren soll." Denn viele Deutsche, die nicht von Rassismus betroffen wären, würden sich auch nicht damit befassen und eigene Denkmuster nicht hinterfragen.

Im "Tagesspiegel"-Interview kritisierte der WDR-Programmdirektor aber auch die Schärfe der Kommentare und Äußerungen im Netz: "Das las sich oft so, als ob es tatsächlich nur eine Wahrheit gäbe. Es war teilweise aggressiv und beleidigend." Die Debatte sei sehr radikal geworden. "Aber wenn wir die Empörungskultur weiter pflegen, fliegt uns die Gesellschaft auseinander."

In dem Late-Night-Talk "Die letzte Instanz" hatten Moderator Steffen Hallaschka, Micky Beisenherz, Entertainer Thomas Gottschalk, Schauspielerin Janine Kunze und Schlagersänger Jürgen Milski unter anderem über die Frage diskutiert, ob man noch "Zigeunersauce" oder "Mohrenkopf" sagen dürfe. Sowohl Gottschalk als auch Kunze erkannten während der Aufzeichnung in den Begriffen nichts Verwerfliches. Letztere verglich derartige Äußerungen zudem mit Sexismus, indem sie fragte: "Hier sitzt eine blonde Frau mit relativ großer Brust. Was meinst du denn, was wir uns anhören?" Kunze, Beisenherz und Moderator Hallaschka entschuldigten sich später. Auch Thomas Gottschalk erklärte, er habe aus der Sendung seine Lehren gezogen.


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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