Moderator von "Verstehen Sie Spaß"

Guido Cantz: Tausendsassa auf allen Kanälen

von Markus Schu

Moderator Guido Cantz ist ein viel beschäftigter Mann. Drei verschiedene Sendungen auf drei verschiedenen Sendern hat er bald am Start. Darunter der Klassiker "Montagsmaler", der sein Comeback feiert.

Im Kölner Karneval hatte Guido Cantz einst die Rolle des "Manns für alle Fälle" inne. Wirft man einen Blick auf die aktuellen Engagements des nimmermüden 47-Jährigen, dann scheint der Titel immer noch zu passen – innerhalb von vier Tagen ist er demnächst mit drei unterschiedlichen TV-Programmen auf Sendung und ab Dienstag, 28. August, geht er mit seinem Bühnenprogramm "Blondiläum" auf Tour. Der wasserstoffblonde Entertainer moderiert ab Freitag, 24. August, 21.00 Uhr, das neue sechsteilige Format "Für immer Kult – die Comedy-Spielshow" im WDR und reaktiviert nach "Verstehen Sie Spaß?" (Spezialausgabe am Samstag, 25. August, 20.15 Uhr, ARD) eine weitere Kultshow von TV-Urgestein Frank Elstner: "Die Montagsmaler" kehren ab Montag, 27. August, 22.45 Uhr, im SWR zurück. Im Interview erklärt der vielbeschäftigte Schelm, wie er sich selbst vor Streichen schützt und warum er einem Gegner von Rocky Balboa mal ziemlich ähnlich sah...

prisma: In "Für immer Kult" geht es um die 70er-, 80er- und 90er-Jahre. Haben Sie auch schlechte Erinnerungen an diese Zeit, gerade im Bezug auf die Mode und das Fernsehprogramm?

Cantz: Definitiv! Ich erinnere mich mit Grauen an diese elektrifizierten Polyesterpullis. Die musste ich in den 1970-ern von meinem Bruder auftragen. Da standen die Haare immer in alle Himmelsrichtungen, wenn man sich die über den Kopf zog! Nur Astronautenmützen waren die noch größere Strafe, die waren katastrophal. Was das TV-Programm angeht: da habe ich nur positive Erinnerungen. Im Fernsehen gab's noch nicht so viele Sendungen. Wenn wir etwas schauen durften, dann war das immer ein großes Fest: "Dalli, Dalli", "Wetten, dass..?", "Verstehen Sie Spaß?". Nur Anfang der 1980-er habe ich mich immer geärgert, wenn "Rockpalast"-Nächte waren und ich schon ins Bett gehen musste, bevor "Level 42" auftraten!

prisma: Gibt es Dinge aus Ihrer Jugend, die Sie damals mega cool und heute oberpeinlich finden?

Guido Cantz: Oh ja, so was gibt es! (lacht) Wenn ich Fotos von unserer Abi-Fahrt nach London sehe, dann muss ich mich wirklich schämen... Da trug ich bedruckte T-Shirts einer Musikgruppe namens "Bros" – das waren zwei schmalzige Zwillingsbrüder, und die fand ich damals total cool. Wenn ich heute davon Fotos sehe, kann ich nur den Kopf schütteln... Ich hatte auch kurzzeitig eine ziemlich verrückte Frisur: einen sogenannten Flat. Damit sah man ein bisschen so aus wie Dolph Lundgren als Ivan Drago in "Rocky IV". Da waren die Haare felsenfest nach oben gegelt und sahen aus wie eine Bürste! Das fand ich damals super. Wenn ich das heute sehe – oh weh!

prisma: Woher kommt die Beliebtheit von Timetainment-Formaten, also von Sendungen, die der Nostalgie frönen?

Cantz: Weil man sowohl mit Fernsehsendungen als auch mit Titelmelodien von TV-Serien viele Erinnerungen verbindet. Bei manchen Liedern denkst du dir: Klar, das kenne ich, das ist doch Madonna, da war ich damals auf Mallorca! Je älter man wird, desto verklärter wird auch der Blick auf die Vergangenheit. Gerade bei solchen Sachen kommen viele wohlige Erinnerungen hoch – das macht einfach Spaß. Dann läuft sofort ein Film vor deinem inneren Auge ab. Als Beispiel: Wenn man die Musik von "Das A-Team" hört, denkt man direkt an George Peppard als Hannibal mit Zigarre im Mund und sein legendäres Zitat: "Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert!". Das ist der Reiz an nostalgischen Formaten.

prisma: Glauben Sie in 30, 40 oder 50 Jahren wird es immer noch Nostalgieformate geben?

Cantz: Absolut. Es wird immer eine Vergangenheit geben, und daher wird es immer auch den Drang geben, zurückzublicken. Wahrscheinlich ist das Medium aber ein anderes. Wir tragen dann eine VR-Brille oder vielleicht haben wir die Technik sogar schon implantiert – wer weiß? Aber man wird zurückschauen und dann so was sagen wie: "Mensch, 2020, als wir Fußball-Europameister geworden sind, das war schon ein tolles Jahr!" (lacht)

prisma: Warum ist der TV-Blick so oft zurückgerichtet und nicht nach vorne? Das Programm quillt über vor Nostalgiesendungen und wiederbelebten Formaten. Traut man sich nur selten etwas Neues im Fernsehen?

Cantz: Das glaube ich gar nicht. Nur weil ein Format lange auf dem Markt ist oder war, heißt das ja nichts Schlechtes – im Gegenteil! Für mich ist Qualität sehr wichtig. Ganz egal, ob das jetzt ein Format ist wie "Montagsmaler", das schon 22 Jahre her ist – das Konzept ist sehr stark. Und ich glaube, dass das auch wieder funktioniert. "Verstehen Sie Spaß?" gibt's bald seit 40 Jahren, und das haben wir auch gut weiterentwickelt. Das Grundkonzept funktioniert immer noch tadellos. Im Moment ist dieser Nostalgie-Fokus ein Trend, den wir erleben. Aber fairerweise muss man zugeben, dass es auch heute noch etliche Quizsendungen gibt. Die gab's auch schon vor 40 Jahren. Und ob die jedes Mal komplett neu erfunden worden sind, wage ich zu bezweifeln! (lacht)

prisma: Wie schafft man es, Fernsehen für alle Generationen zu machen?

Cantz: Das war schon immer mein Ziel, auch als ich 2010 mit "Verstehen Sie Spaß?" angefangen habe. Gerade bei den Kids stehen wir da mittlerweile sehr hoch im Kurs. Da ist das Internet unser großer Freund: auf YouTube haben wir fast 550 Millionen Klicks – das ist gigantisch! Auch eine WDR-Sendung wie "Für immer Kult" deckt natürlich gleich mehrere Generationen ab. Angefangenen bei den heute Anfang 30-Jährigen, die in den 90-ern groß geworden sind. Aber für die ganz Jungen wird das Quiz wahrscheinlich nicht so interessant sein. Mein Sohn mit acht Jahren kennt Formate wie "Die Schwarzwaldklinik" natürlich nicht. Wenn ich so was sehe oder Leute meiner Generation, dann sagen die: "Ach, erinnerst du dich? Der Sascha Hehn ist immer ein tolles Auto gefahren!". "Montagsmaler" spricht Erwachsene und Kinder gleichermaßen an, das hat mich an dem Format gereizt. Und ich wollte gerne mal mit Kindern vor der Kamera arbeiten. Ich bin ja selber Papa, und mir machen sogar Kindergeburtstage mit mehr als zehn Kindern noch Spaß! (lacht)

prisma: Im Kölner Karneval hatten Sie die Rolle des "Manns für alle Fälle" inne. Wie kam es dazu? Sind Sie auch heute noch im Karneval aktiv?

Cantz: Jawohl, ich bin immer noch aktiv, seit bald 28 Jahren! Der "Mann für alle Fälle" war damals einfach ein Name, den man brauchte, weil alle einen Namen hatten. Ich habe 1991 mit Karneval angefangen, noch in meiner Zeit als BWL-Student. Da habe ich vor allem Promis parodiert – Rudi Carrell, Boris Becker, Helmut Kohl. Deswegen habe ich mir gedacht: Nimm einfach einen Begriff, der dich nicht konkret auf etwas festlegt. Und "Mann für alle Fälle" sagt eben wenig und alles zugleich aus! Übrigens: Ich kann nur jedem sagen, dass der Karneval in Köln für Fernsehen und Bühne eine hervorragende Schule ist.

prisma: Sie haben BWL studiert. Ab wann war es absehbar, dass der berufliche Weg woanders hinführen wird?

Cantz: Nach Abitur und Bundeswehr stand die Frage im Raum, was ich studieren möchte. Interessiert haben mich Politik und Geschichte. Das habe ich mich aber nicht getraut, weil ich nicht später mal im Archiv als Historiker herumhängen wollte. Ich habe mich dann für BWL entschieden. Bei Statistik B im Semester 3 merkte ich aber, dass das gewiss nicht mein Lieblingsstudium wird! (lacht) Und weil ich damals parallel immer mehr Bühnenengagements hatte, brach ich nach sechs Semestern ab. Danach habe ich allerdings noch eine Medienschule gemacht und zwei Jahre lang eine kaufmännische Lehre absolviert, um einen Abschluss zu haben. 1996 habe ich mir dann gesagt: Okay, für dich geht der Weg auf jeden Fall auf die Bühne!

prisma: Sie haben einst in der Landesliga Fußball gespielt – wie wichtig ist Sport in Ihrem Leben?

Cantz: Fußball ist definitiv eine große Leidenschaft von mir. Die Landesliga war damals noch die fünfte Liga, das war gar nicht mal so schlecht. Sport ist eine Sache, die mich interessiert. Ich würde sehr gerne mal eine Sportsendung moderieren. Wenn die ARD irgendwann mal sagt: "Hast Du nicht Lust, in der Sportschau für jemanden einzuspringen?", dann bin ich sofort dabei!

prisma: Sie haben die Moderation bei zwei Kultsendungen übernommen. Bei "Verstehen Sie Spaß?" und nun auch bei "Montagsmaler". Wie nähert man sich solchen Formaten? Mit Ehrfurcht und Respekt oder macht man gleich sein eigenes Ding?

Cantz: Sowohl als auch. Wenn man von Frank Elstner eine Sendung übernimmt, dann ist Ehrfurcht auf jeden Fall angebracht. Er ist schließlich einer der größten Fernsehmacher, die es in Deutschland je gegeben hat! Aber für mich war von vornherein klar, dass ich bei "Verstehen Sie Spaß?" ein paar Sachen ändern möchte. Und mir war es besonders wichtig, dass wir jüngere Zuschauer dazugewinnen. Bei "Montagsmaler" ist das jetzt ähnlich. Natürlich kenne ich das Original noch als Kind – ich habe die Sendung geliebt! "Hund, Katze, Maus!" – da hat man sofort ein paar Bilder im Kopf! (lacht) Nichtsdestoweniger muss man immer versuchen, so einem Format seinen eigenen Stempel aufzudrücken. Ich finde das kann und muss man machen – natürlich sollte man sich dabei auch ein wenig Zeit lassen, und nicht alles sofort umkrempeln.

prisma: Gibt es Tage, an denen Sie sich denken: Eigentlich steht mir der Sinn gerade nicht nach Humor – aufgrund von Kriegen, Katastrophen und dergleichen?

Cantz: Es ist nicht immer einfach, so viel kann ich sagen. Ich glaube, dass ich in meinem Leben, gerade was die Bühne und das Fernsehen angeht, politischer geworden bin. Das ist eine ganz normale Entwicklung, wenn man älter wird. Ich mache mir natürlich Gedanken, wenn ich morgens die Zeitung aufschlage oder im Netz schaue, was gerade passiert. Klimawandel, internationale Politik, eine Brücke, die in Genua zusammenbricht, Donald Trump, der Wertverfall der türkischen Lira – das sind alles Themen, die man auch auf der Bühne gut verwenden kann. Wenn ich mit meinem Comedyprogramm unterwegs bin, merke ich aber, dass die Leute gerne lachen, um mal für zweieinhalb Stunden den Alltag zu vergessen. Als Comedian findet man heutzutage immer genügend Themen. Aber viele sind auch ein bisschen sperrig – und einige machen mir sogar Angst...

prisma: Gibt es einen langgehegten Traum, den Sie sich in Ihrer TV-Karriere gerne noch erfüllen würden?

Cantz: Wenn man mir die freie Wahl lässt, würde ich sehr gerne mal eine wochenaktuelle Sendung machen. Eine, in der man am Ende der Woche das Geschehene Revue passieren lässt und einordnet. Das ist sehr aufwendig zu produzieren. Aber das reizt mich schon seit geraumer Zeit, weil ich gerne aktuell arbeite. Einen kleinen Ausflug zum Sport würde ich mir auch wünschen. Es könnte auch Wintersport sein, denn ich bin leidenschaftlicher Skifahrer, schon von Kindesbeinen an.

prisma: Ist man als Guido Cantz besonders auf der Hut vor Streichen?

Cantz: Ja! Das ist aber eine Berufskrankheit. Ich bin auch schon zweimal erwischt worden. Das ist aber gar nicht schlimm. Wer austeilt, muss auch einstecken können! Es ist de facto so, dass ich in ganz vielen Situationen schaue, wo eine Kamera sein könnte. Im Alltag bin ich immer sehr aufmerksam. Ich werde auch selbst ganz oft verdächtigt. Wenn beispielsweise wieder mal ein Flug Verspätung hat, dann sagen oft Leute zu mir: "Ach, Herr Cantz, jetzt können Sie auflösen, wir wollen doch alle nach Hause!" Und ich entgegne dann mit: "Ja, ich auch!" (lacht) Letztens war ich in Wien unterwegs zu einer Fernsehsendung. Da holte mich ein Fahrer ab und sagte, dass er nur kurz das Parkticket bezahlt. Als er wiederkam, stellte er fest, dass er den Autoschlüssel verloren hatte. Das hab ich ihm natürlich nicht abgekauft! Aber er hatte den Schlüssel tatsächlich nicht mehr gefunden. Irgendwann ist er dann wieder aufgetaucht – versehentlich war er beim Einladen im Kofferraum gelandet! Und ich hätte Stein und Bein geschworen, dass irgendwo eine Kamera steht und mich jemand veralbert – so kann man sich irren! (lacht)


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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