"Ob ein Gespräch funktioniert, weiß ich in der ersten Minute"
Frank Elstner talkt jetzt auf Netflix. Seine Gesprächspartner sind maximal prominent, dennoch hat das Format keinen Platz im linearen Fernsehen gefunden. Im Interview spricht Elstner über angenehme und weniger angenehme Interviewpartner und seinen Abschied vom Showgeschäft.
1981 erfand Frank Elstner "Wetten, dass ..?", die bis heute erfolgreichste Fernsehshow Europas. Bereits ab 1964, bei Radio Luxemburg, probierte der heute 78-Jährige erfolgreich so ziemlich alle Kreativ-Jobs aus, die Radio und Fernsehen zu bieten hatten. Elstner arbeitete als Sprecher, Moderator, Redakteur, Entwickler und Programmdirektor. Nun, mit 78 Jahren, verabschiedet sich der Veteran von der großen Showbühne, indem er in ein maximal intimes Format eintaucht. Sein hochkonzentrierter Promitalk "Wetten, dass war's ...?" lief bereits 2019 bei YouTube. Dafür wurde er bemerkenswerterweise mit einem "Goldenen Kamera Digital Award" als Newcomer geehrt. Deutschlands A-Prominenz, darunter notorisch interviewscheue Menschen wie Helene Fischer oder Herbert Grönemeyer, waren bei Elstner für knapp einstündige Gespräche zu Gast.
Nun führt Netflix "Wetten, dass war's ...?" weiter und präsentiert ab Freitag, 12. Juni, auf einem Schlag fünf Vieraugen-Talks mit den TV-Unterhaltungskünstlern Klaas Heufer-Umlauf und Joko Winterscheidt, Sängerin und Eurovision-Gewinnerin Lena Meyer-Landrut, Autorin Charlotte Roche sowie dem deutschen Hollywood-Schauspieler Daniel Brühl.
prisma: Herr Elstner, wie geht es Ihnen – und warum machen Sie Schluss?
Frank Elstner: Danke der Nachfrage, mir geht es gut, und ich mache auch nicht im klassischen Sinne Schluss. Ich werde keine großen Shows mehr moderieren. Man will keinen 78-Jährigen mehr auf der Showbühne sehen.
prisma: Haben Sie Pläne für die Zeit nach dem Abschied?
Elstner: Meine Pläne für die Zeit nach diesem Abschied werden gerade lebendig. Ab diesem Freitag, 9 Uhr, beginnen meine Premieren auf Netflix – und ich bin sehr gespannt, wie das funktioniert.
prisma: Wenn man sieht, welch prominente Namen zu Ihnen kommen, wundert man sich, warum das Format zunächst "nur" auf Youtube lief und jetzt auf Netflix stattfindet. Gab es kein Interesse beim klassischen Fernsehen, dem Sie ja ein Berufsleben lang verbunden waren?
Elstner: Mit der Einstellung meiner Sendung "Menschen der Woche" habe ich dieses von mir erdachte Format beerdigen müssen – und so wollte ich einfach mal etwas Neues ausprobieren. Bin sehr dankbar über die Hilfe von Youtube, die mich ja auch mit einem schönen Preis belohnt haben. Außerdem bin ich gespannt auf Netflix, denn es ist für einen Journalisten unbezahlbar, auf der ganzen Welt gesehen zu werden.
prisma: Haben Sie eine Theorie, warum Menschen, die sehr selten oder ungern Interviews geben, ausgerechnet zu Ihnen kommen?
Elstner: Vielleicht, weil ich ein netter Kerl bin (lacht).
prisma: Wann wissen Sie, ob ein Gespräch funktioniert?
Elstner: In der ersten Minute.
prisma: Haben Sie eine Methode, wie man aus einem Vieraugengespräch etwas Magisches macht, das auch Menschen fasziniert, die nicht Fan des Gastes sind?
Elstner: Ich habe nie über Methoden nachgedacht. Ich bin, wie ich bin, und das scheint ja ganz gut zu klappen.
prisma: Man sagt, die Aufmerksamkeit für längere – und langsame – Formate sinkt immer mehr, gerade bei den Jungen. Glauben Sie an den Erfolg einer "Gegenbewegung"?
Elstner: Ich glaube, die Dinge sind viel einfacher. Wenn man es schafft, lange Spannung zu halten, braucht man keine Gegenbewegung, und umgekehrt ist es das Gleiche.
prisma: Gibt es etwas, dass Sie an all Ihren Gesprächspartnern gleichermaßen interessiert – so etwas wie eine Urfrage?
Elstner: Mir gefällt Ihre Frage mit der Urfrage, aber ich habe noch nie darüber nachgedacht. Sollte mir einmal eine Urfrage einfallen, melde ich mich. Hoppla, mir fällt gerade eine ein: Wissen Sie, wie man in den Himmel kommt?
prisma: Welcher Gesprächspartner – aus allen Gesprächen des Formats – hat Sie am meisten überrascht und warum?
Elstner: Alle meine Gesprächspartner hatten Überraschendes zu sagen. Ich mache kein Ranking. Das überlasse ich dem Zuschauer.
prisma: Welche Promi-Begegnung in Ihrem langen Showleben war die schönste, lehrreichste, beeindruckendste?
Elstner: Meine Serie "Die stillen Stars", bei der ich die Gelegenheit hatte, 138 Nobelpreisträger zu interviewen.
prisma: Und welche war die schlimmste ...?
Elstner: Die schlimmste Begegnung war mit einem französischen Wirtschaftswissenschaftler, der mich nicht leiden konnte und der mich, obwohl ich ganz gut Französisch spreche, laufend auflaufen ließ.
prisma: Die meiste Zeit Ihres Berufslebens haben Sie mit Unterhaltungsshows verbracht. Haben diese Formate, hat die klassische Show in Ihren Augen überhaupt noch eine Zukunft. Und wenn ja, wie sieht die aus?
Elstner: Auch wenn ich schon so lange dabei bin, bin ich vorsichtig mit Prognosen. Ich weiß nur eins, es wird vieles kommen, womit heute keiner rechnet.
Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH