Ironie, Wahnsinn, Wahrheit: Filme und Serien, die Satire perfektionieren

10.03.2025
von TB
Geheimdienstchef Lawrenti Beria (Simon Russell Beale, links) und Nikita Chruschtschow (Steve Buscemi) empfangen Stalins Tochter Sweltana (Andrea Riseborough) in "The Death of Stalin - Hier regiert der Wahnsinn".
Geheimdienstchef Lawrenti Beria (Simon Russell Beale, links) und Nikita Chruschtschow (Steve Buscemi) empfangen Stalins Tochter Sweltana (Andrea Riseborough) in "The Death of Stalin - Hier regiert der Wahnsinn".  Fotoquelle: 2018 Concorde Filmverleih

Manchmal ist die Realität so absurd, dass man sie nur mit einer guten Portion Satire verdauen kann. „Satire ist die Kunst, einem Menschen mit einem Lächeln ins Gesicht zu schlagen.“ – das wusste schon Peter Ustinov. Ob bissige Gesellschaftskritik, scharfe Ironie oder urkomische Übertreibung – diese Filme und Serien halten uns den Spiegel vor und sorgen dabei für Lacher mit Tiefgang. Bereit für intelligentes Entertainment, das unterhält und zum Nachdenken anregt? Hier kommt unsere Auswahl.

Superhelden als moralische Vorbilder? Von wegen! In einer Welt, in der die mächtigsten „Helden“ korrupte, mediengesteuerte Psychopathen sind, braucht es eine Truppe, die ihnen in den Hintern tritt – und genau das sind The Boys. Angeführt vom abgebrühten Billy Butcher (Karl Urban) ziehen sie in den Kampf gegen Homelander (Antony Starr), den skrupellosesten aller „Helden“. Die Serie ist ein wilder Mix aus Action, schwarzem Humor und schonungsloser Gesellschaftskritik, der gnadenlos mit der Superhelden-Glorifizierung abrechnet.

Gut zu wissen

Basierend auf dem gleichnamigen Comic von Garth Ennis, hebt sich The Boys mit seinen brutalen, politisch unkorrekten und satirischen Untertönen von typischen Superheldengeschichten ab. Homelander ist eine düstere Parodie auf Superman – und Antony Starrs Darstellung ist so überzeugend, dass viele Fans ihn als einen der besten Serienbösewichte aller Zeiten feiern.

Originaltitel: Dr. Strangelove or: How I Learned to Stop Worrying and Love the Bomb. Ein durchgeknallter US-General löst den nuklearen Weltuntergang aus – und niemand kann ihn stoppen. Die amerikanische Führung versinkt in einem absurden Krisenraum-Chaos, ein machthungriger Präsident, ein exzentrischer Wissenschaftler mit Nazi-Vergangenheit und ein Cowboy-Bomberpilot mit Todessehnsucht drehen völlig am Rad. Sprich: Stanley Kubrick verwandelt die wohl größte Bedrohung der Menschheit – den Atomkrieg – in eine bitterböse Farce voller grotesker Dialoge und absurder Situationen. Ein Film, der gleichzeitig schockiert und Lachanfälle provoziert.

Gut zu wissen

Ursprünglich sollte der Film ein ernster Thriller werden, doch Kubrick erkannte, dass die Realität selbst schon so absurd war, dass er eine Satire daraus machte. Peter Sellers spielt hier gleich drei Rollen – darunter den ikonischen, unkontrolliert grinsenden Dr. Strangelove. Die legendäre Szene, in der ein Pilot auf einer Atombombe reitend in den Tod fliegt, ist so kultig, dass sie unzählige Male in Popkultur und Memes verewigt wurde.

Nick Naylor (Aaron Eckhart) ist charmant, wortgewandt – und Lobbyist der Tabakindustrie. Sein Job? Rauchen gut dastehen zu lassen, egal wie viele Menschen daran sterben. Mit blitzschnellen Argumenten, einer unerschütterlichen Coolness und einem Lächeln auf den Lippen redet er sich aus jeder noch so brenzligen Lage. Während er in Talkshows Zigaretten verteidigt und mit der Waffen- und Alkohol-Lobby um den Titel „gefährlichster Geschäftszweig“ wetteifert, versucht er gleichzeitig, seinem Sohn ein moralisches Vorbild zu sein – was sich als schwierig erweist. Eine rasante, bissige Satire über PR-Strategien, Medienmacht und die Kunst der Manipulation.

Gut zu wissen

Der Film basiert auf dem gleichnamigen Roman von Christopher Buckley und wurde von Jason Reitman (Juno, Up in the Air) inszeniert. Aaron Eckhart spielt den aalglatten Nick Naylor so überzeugend, dass man sich fast dabei ertappt, ihm zuzustimmen – was genau den Punkt der Satire ausmacht.

Wie sieht die Welt aus, wenn nur noch die Dümmsten überleben? Ziemlich gruselig. Müllberge türmen sich, Elektrolyt-Drinks ersetzen Wasser, und der Präsident ist ein ehemaliger Wrestling-Champion mit Maschinengewehr. Genau in diese Zukunft katapultiert es den durchschnittlich-intelligenten US-Soldaten Joe Bauers (Luke Wilson), der nach einem fehlgeschlagenen Experiment 500 Jahre im Kälteschlaf verbringt – und plötzlich der klügste Mensch der Erde ist. Verzweifelt versucht er, in einer Welt voller verblödeter Konsumzombies zu überleben und die Menschheit irgendwie zu retten.

Gut zu wissen

Was einst als übertriebene Satire auf den amerikanischen Bildungsnotstand gedacht war, wirkt heute erschreckend realistisch. Mike Judge, der Macher von Beavis and Butt-Head, schuf mit Idiocracy eine düstere Zukunftsvision, die durch Memes und Popkultur-Referenzen unsterblich wurde.

Ein riesiger Komet rast auf die Erde zu und wird in wenigen Monaten alles Leben auslöschen. Klingt nach einem klassischen Katastrophenfilm. Doch was passiert, wenn niemand die Gefahr ernst nimmt? Die Astronomen Dr. Randall Mindy (Leonardo DiCaprio) und Kate Dibiasky (Jennifer Lawrence) versuchen verzweifelt, die Welt zu warnen, doch treffen auf eine Gesellschaft, die sich lieber mit Memes, Promi-Skandalen und Fake News beschäftigt. Während die Medien den Untergang als Unterhaltung vermarkten und die Politik in Wahlkampfmodus bleibt, spitzt sich die Situation gnadenlos zu.

Gut zu wissen

Die bitterböse Satire von Adam McKay (The Big Short, Vice) nimmt die Klimakrise, politische Ignoranz und die Macht der Medien aufs Korn. Viele Szenen wurden als Spiegelbild der realen Welt wahrgenommen, besonders während der COVID-19-Pandemie. Der Film wurde von echten Wissenschaftlern gelobt – nicht für seine Komik, sondern weil er zeigt, wie schwer es ist, die Menschheit vor ihrer eigenen Dummheit zu retten.

Politik ist ein schmutziges Geschäft. Und Selina Meyer (Julia Louis-Dreyfus) ist mittendrin. Als Vizepräsidentin der USA hat sie große Pläne, doch die Realität besteht aus endlosen PR-Desastern, unfähigen Beratern und einem Büro voller inkompetenter Schleimer. Zwischen absurden Wahlkampfversprechen, diplomatischen Peinlichkeiten und Verrat in den eigenen Reihen kämpft sie sich durch den Wahnsinn des Washingtoner Politbetriebs – mit messerscharfem Sarkasmus und einer entwaffnenden Respektlosigkeit.

Gut zu wissen

Veep basiert auf der britischen Serie The Thick of It und wurde von Armando Iannucci, dem Meister der politischen Satire, entwickelt. Julia Louis-Dreyfus gewann für ihre Rolle rekordverdächtige sechs Emmy-Awards in Folge – kein Wunder, denn ihre gnadenlosen Beleidigungen und ihr gnadenloser Ehrgeiz machen sie zu einer der denkwürdigsten Serienfiguren überhaupt.

Willkommen in einer dystopischen Zukunft, in der Bürokratie wichtiger ist als Menschenleben und Papierkram tödlicher sein kann als jede Waffe. Sam Lowry (Jonathan Pryce) ist ein einfacher Verwaltungsangestellter, der nichts weiter will, als in Ruhe seinen eintönigen Job zu machen. Bis ein winziger Tippfehler dazu führt, dass ein Unschuldiger verhaftet und gefoltert wird. Plötzlich steckt Sam mitten in einer albtraumhaften Verschwörung und wird zum Feind des Systems, während er versucht, eine mysteriöse Frau aus seinen Träumen zu finden.

Gut zu wissen

Terry Gilliam, bekannt für seinen skurrilen Humor aus Monty Python, schuf mit Brazil eine düstere Satire auf Überwachung, Bürokratie und den modernen Kontrollstaat. Der Film wurde lange Zeit von seinem Studio zensiert, weil das ursprüngliche Ende als zu deprimierend galt – Fans feiern gerade diese Kompromisslosigkeit. Visuell inspiriert von 1984 und Metropolis, ist Brazil bis heute eine der einzigartigsten und verstörendsten Zukunftsvisionen der Filmgeschichte.

The Death of Stalin – Hier regiert der Wahnsinn (2017)

Moskau, 1953: Josef Stalin ist tot – und seine engsten Vertrauten schalten sofort in den Panikmodus. Während das Land trauert, beginnt hinter verschlossenen Türen ein gnadenloser Machtkampf voller Intrigen, Verrat und grotesker Inkompetenz. Nikita Chruschtschow (Steve Buscemi), Beria (Simon Russell Beale) und Malenkow (Jeffrey Tambor) überbieten sich in absurder Schmeichelei und brutalem Opportunismus, während niemand weiß, wer am nächsten Tag noch lebt.

Gut zu wissen

Diese rabenschwarze Satire von Armando Iannucci (Veep) basiert auf historischen Ereignissen – allerdings so absurd, dass man oft nicht weiß, wo die Realität endet und die Komik beginnt. Viele der surrealen Szenen, von Stalins Leichenschlepperei bis zu politischen Hinrichtungen aus Versehen, basieren auf wahren Begebenheiten. Der Film wurde in Russland prompt verboten – wohl, weil er zu nah an der Wahrheit war.

„Ich bin so wütend, ich kann es nicht mehr ertragen!“ – mit diesem Satz rastet der einst seriöse Nachrichtensprecher Howard Beale (Peter Finch) live im Fernsehen aus und wird über Nacht zur Kultfigur. Anstatt ihn zu feuern, erkennt der Sender das Potenzial seiner Wut und verwandelt ihn in eine Sensations-Show, die Quotenrekorde bricht. Während Beale immer weiter durchdreht, wird er zur Stimme einer desillusionierten Gesellschaft – und zum Spielball eines gnadenlosen Mediensystems, das alles für Aufmerksamkeit tut.

Gut zu wissen

Network war seiner Zeit weit voraus und entlarvt den manipulativen Einfluss der Medien, lange bevor Reality-TV und Fake News das Tagesgeschäft bestimmten. Der Film gewann vier Oscars, darunter einen posthumen Preis für Peter Finch, der als erster Schauspieler überhaupt eine Academy Award-Auszeichnung nach seinem Tod erhielt. Seine berühmte Rede „I’m mad as hell, and I’m not gonna take this anymore!“ gehört bis heute zu den legendärsten Momenten der Filmgeschichte.

BoJack Horseman (2014–2020)

Einst war BoJack Horseman der gefeierte Star einer 90er-Jahre-Sitcom – heute ist er ein zynischer, depressiver Alkoholiker, der in seinem Hollywood-Villa versackt und verzweifelt an ein Comeback glaubt. Während er durch eine Welt voller sprechender Tiere und gescheiterter Existenzen taumelt, begegnet er treuen Freunden, skrupellosen Managern und seinen eigenen Dämonen. Die Serie kombiniert bissige Satire auf die Oberflächlichkeit Hollywoods mit tieftraurigen Momenten über Selbstzerstörung, Sucht und die Angst, niemals genug zu sein.

Gut zu wissen

BoJack Horseman wurde zunächst als verrückte Cartoon-Komödie vermarktet, entpuppte sich aber schnell als eine der klügsten und emotional tiefgründigsten Serien der letzten Jahre. Besonders gefeiert wurden die innovative Erzählweise und mutige Folgen wie „Free Churro“, in der BoJack eine komplette Episode lang eine einzige, herzzerreißende Grabrede hält. Die Serie mag voller absurder Gags stecken, doch hinter dem Humor verbirgt sich eine schmerzhafte Wahrheit über Ruhm, Versagen und die Suche nach Bedeutung.

Was passiert, wenn eine Gruppe britischer Möchtegern-Dschihadisten den „großen Terroranschlag“ plant – aber einfach zu dumm für alles ist? Four Lions folgt einer Bande unfähiger Extremisten, die sich zwischen absurden Trainingscamps, explodierenden Krähen und idiotischen Missverständnissen selbst im Weg stehen. Angeführt von Omar versuchen die „Löwen“, ihren Platz im Dschihad zu finden – nur um sich selbst immer weiter ins Chaos zu stürzen. Die Satire hält der Terrorhysterie den Spiegel vor, ohne jemals nach unten zu treten.

Gut zu wissen

Regisseur Chris Morris verbrachte Jahre mit der Recherche über echte Terrorzellen und stellte fest, dass viele reale Anschläge an der Inkompetenz ihrer Täter scheiterten – die Grundlage für diese bissige Satire. Der Film schafft es, das wohl brisanteste Thema unserer Zeit mit schwarzem Humor anzugehen, ohne Respektlosigkeit gegenüber den Opfern zu zeigen.

Patrick Bateman (Christian Bale) ist reich, erfolgreich und hat das perfekte Leben – zumindest auf den ersten Blick. Hinter der makellosen Fassade des Wall-Street-Yuppies verbirgt sich jedoch ein eiskalter Psychopath, der seine Nächte mit Mord, Folter und grotesken Selbstinszenierungen verbringt. Während er sich durch den oberflächlichen Wahnsinn der 80er-Jahre-Gesellschaft manövriert, wird immer unklarer, was Realität ist und was nur in seinem kranken Kopf existiert.

Gut zu wissen

Der Film basiert auf dem gleichnamigen Skandal-Roman von Bret Easton Ellis, der wegen seiner expliziten Gewalt umstritten war. Christian Bale liefert eine der verstörendsten Performances seiner Karriere – seine sorgfältig einstudierten Monologe über Musik (inklusive einer denkwürdigen Abhandlung über Huey Lewis & The News) sind längst Kult. Besonders bezeichnend: Während er einen Kollegen brutal ermordet, schwärmt er gleichzeitig begeistert von „Hip to Be Square“ – eine perfekte Metapher für die emotionslose Konsumgesellschaft, die der Film gnadenlos seziert.