Ukraine-Botschafter fordert NATO-Mitgliedschaft: "Es gibt keine bessere Garantie für Sicherheit"
Im litauischen Vilnius könnten die Staaten beim NATO-Gifel über eine mögliche Aufnahme der Ukraine in das Bündnis entscheiden. Im ZDF-"Morgenmagazin" sprachen darüber die Sicherheitsexpertin Claudia Major und der Ukraine-Botschafter Oleksii Makeiev.
Die Welt blickt dieser Tage nach Litauen: In der Hauptstadt Vilnius startet am Dienstag der NATO-Gipfel. Die geografische Nähe zum Russland-Verbündeten Belarus, in dem sich möglicherweise auch die Wagner-Kämpfer aufhalten, ist dabei nur ein Thema, das die teilnehmenden Staaten schon vor Beginn des Gipfels beschäftigt. Auch die mögliche Zusicherung für einen NATO-Beitritt der Ukraine sorgte im Vorfeld für Diskussionen. Beide Themen wurden auch im ZDF-"Morgenmagazin" am Montag besprochen. Zu Gast in Einzelinterviews waren die Sicherheitsexpertin Claudia Major von der Stiftung Wissenschaft und Politik sowie der deutsche Ukraine-Botschafter Oleksii Makeiev.
"Das NATO-Land Litauen stärkt seine Grenzen immer mehr", sagte Moderatorin Sara El Damerdash zu Beginn des Interviews mit Claudia Major: "Wie groß ist die Gefahr für Litauen, aber auch für die NATO?" Die 46-jährige Sicherheitsexpertin antwortete: "Die Sorge ist nochmal gestiegen, weil nicht ganz klar ist, ob die Wagner-Truppen jetzt wirklich in Belarus sind oder noch nicht." Litauen wünsche sich als NATO-Mitglied allerdings mehr Unterstützung und mehr Verteidigungskräfte vor Ort. Diesem Wunsch käme die NATO nun nach.
Ukraine sei "reif" für die Nato
Geplant ist derzeit ein Besuch von Wolodimir Selenski. Der ukrainische Präsident will allerdings nur kommen, "wenn dort auch relevantes und substanzielles für sein Land beschlossen wird", wie El Damerdash zusammenfasst. Ob ihm dieser Wunsch erfüllt wird, ist laut Major fraglich: Seit dem NATO-Gipfel 2008 in der rumänischen Hauptstadt Bukarest befinde sich die Ukraine in einer "Art Grauzone" hinsichtlich des NATO-Beitritts. Diese "Vogelfreiheit" habe letztlich auch zu dem Angriff Russlands auf die Ukraine geführt.
Diese "schwache Entscheidung" habe, laut Oleksii Makeiev, zu den russischen Angriffen auf Georgien 2008 und auf die Ukraine 2014 geführt. Im ZDF-"Morgenmagazin" wurde der ukrainische Botschafter in Deutschland deshalb klar: "Wir haben in den letzten 500 Tagen klar gezeigt, dass die Ukraine NATO-reif ist, und dass die Ukraine heute eigentlich das macht, wofür die NATO einst geschaffen wurde", argumentierte er. "Es ist keine Kleinigkeit, dass wir im Krieg sind, und auch im Krieg setzen wir unsere Reformen fort", sagte Makeiev. Die ganze Welt habe inzwischen begriffen, "dass es keine bessere Garantie für Sicherheit gibt als die NATO-Mitgliedschaft".
Natürlich, so räumte der Botschafter ein, müsse die Entscheidung von den NATO-Mitgliedern getroffen werden. Auch wenn die Aufnahme nicht sofort, noch während des Kriegs vonstattengehen könne, so sei die Zusicherung doch "ein erster Schritt in eine neue Sicherheitsarchitektur in Europa".
"Die Türkei hat bislang immer sehr stark versucht, beide Seiten auszugleichen"
Die USA will der Ukraine vorerst nur eine Sicherheitspartnerschaft in Anlehnung an das Israel-Modell anbieten: "Da gibt es sehr viel Geld – bis zu vier Milliarden Dollar jedes Jahr, konventionelle Auf- und Hochrüstung, atomare Bewaffnung und das Einbinden und die Teilhabe an Wissen von Geheimdiensten", fasste Hayali zusammen. Derartige Sicherheitsgarantien, wie sie zuletzt auch Finnland und Schweden bekommen hätten, seien ein wichtiger Teil der Abmachung sagte Makeiev.
Claudia Major sah die mögliche Wiederbeschaffung von Atomwaffen allerdings kritisch, denn die Ukraine "hat ja die auf ihrem Territorium in den 90er-Jahren abgegeben." Der türkische Präsident Recep Erdogan hatte sich am Wochenende offiziell für einen NATO-Beitritt der Ukraine ausgesprochen. Ob er bei dieser Meinung bleibt, will Major abwarten: "Die Türkei hat bislang immer sehr stark versucht, beide Seiten auszugleichen", sagte sie. Das Land habe aber auch viel Kritik erhalten, weil es die Sanktionen gegen Russland nicht mitträgt: "Mein Eindruck ist eher, dass die Türkei gerade sehr in der Kritik ist, weil sie den NATO-Beitritt Schwedens blockiert und möglicherweise versucht, vor dem NATO-Gipfel die Wogen zu glätten. Also ich würde abwarten, ob die Türkei ihre Position wirklich langfristig strukturell verändert oder das eher so ein Abwägen ist."
Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH