Erhärtete Fronten zwischen Grünen-Fraktionschef und CDU-Politikerin Julia Klöckner bei Debatte um Kindergrundsicherung
Ist die geplante Kindergrundsicherung der Weg, um Familien zu helfen? In der ARD-Talkshow "Maischberger" stritten sich am Mittwochabend Grünen-Fraktionschef Andreas Audretsch und CDU-Politikerin Julia Klöckner über den Gesetzentwurf.
Die FDP fordert einen neuen Gesetzentwurf, die SPD will den aktuellen überarbeiten, die zuständige Ministerin wünscht sich, das alles so bleibt: Die Kindergrundsicherung droht vom grünen Prestigeprojekt zum Ampel-Rohrkrepierer zu werden. "Ich glaube, dass das Gesetz gar nicht kommt", sagte "The European"-Herausgeber Kolumnist Wolfram Weimer in der ARD-Talkshow Maischberger am Mittwochabend. Der Journalist sprach von einem "Elefant im Porzellanladen" der Ampelkoalition: "Es ist soviel zerdeppert", sagte Weimer.
"Zu viele handwerkliche Fehler", bemängelt "The European"-Herausgeber
Nicht nur SPD-Abgeordnete kritisierten das Gesetz, auch Kommunalpolitiker und Experten von Sozialinstituten. Das Gesetz habe zu viele handwerkliche Fehler, es gebe die Kritik, dass der Sozialstaat in eine Bringschuld gerate, so Weimer. Und dann sei da noch der migrationspolitische Aspekt, den FDP-Chef Lindner angesprochen habe. Der befürchtet, dass vor allem Migrantenfamilien durch die Kindergrundsicherung mit so viel Geld ausgestattet würden, dass sie keine Motivation zu arbeiten hätten.
Die Kindergrundsicherung soll ab dem nächsten Jahr gelten und das Kindergeld ersetzen. Dazu soll es einen festen Betrag und einen möglichen Zusatzbetrag für Familien mit niedrigen Einkommen geben. Ursprünglich sollte dazu eine neue Behörde aus mehr als 5.000 Beamten gegründet werden. Diese Zahl hatte die Bundesagentur für Arbeit genannt. Der stellvertretende Grünen-Fraktionschef Andreas Audretsch erklärte bei "Maischberger", dass er nicht von der Notwendigkeit einer neuen Behörde ausgehe, auch die Zahl der zuständigen Beamten sei vermutlich nicht so hoch. Schließlich seien die Behörden ja digitalisiert, und dann werde man auch Synergieeffekte nutzen, sagte Audretsch am Mittwochabend bei Sandra Maischberger im Ersten. Dort stritt er sich mit der CDU-Politikerin Julia Klöckner über das neue Gesetz.
Audretsch: "Worum es geht ist am Ende die Entbürokratisierung"
Audretsch erklärte, dass die Kosten für die Kindergrundsicherung zunächst bei zwölf Milliarden Euro gelegen hätten und jetzt bei 2,5 Milliarden Euro angekommen seien, wobei ein Drittel sogenannte Overhead-Kosten seien, also Geld, bei dem man nicht genau weiß, wofür man es braucht. Ihr gehe es darum, Kinder zu unterstützen, entgegnete Klöckner. "Zu glauben, wenn man Geld in Familien gibt, die jetzt schon ein paar Probleme haben, dass es automatisch bei den Kindern ankommt, das ist schön gemalt", sagt die CDU-Politikerin. Sie forderte, Geld müsse in die Strukturen, wo die Kinder, wo die Familien unterstützt würden. Das seien Kindergärten oder Schulen. Außerdem müsse die Sprachförderung finanziert werden, auch bei deutschen Kindern.
Die Kindergrundsicherung solle vor allem Kindern von arbeitenden Eltern mit wenig Einkommen zur Verfügung stehen, erklärte Audretsch. Das seien vor allem Aufstocker vom Bürgergeld, denen das Geld schon jetzt zustehe. Doch nur ein Drittel von ihnen beantrage es auch. Deswegen sollen Familien von einer Behörde informiert werden, dass ihnen dieses Geld zusteht. Audretsch: "Worum es geht ist am Ende die Entbürokratisierung: Zum einen Millionen Kinder aus der Armut zu holen, die zweite Frage ist aber auch, Familien aus diesem Bürokratiedschungel zu befreien."
Eine Lösung scheint noch lange nicht in Sicht
"Wenn man sich anhört, was die Grünen wollen, da wird einem nicht ruhig in der Nacht", ärgerte sich Julia Klöckner. Das System der Ampelregierung werde niemals funktionieren. "Wir müssen Familien da unterstützen, wo sie Unterstützung brauchen, und deshalb auch analysieren, wo es fehlt", fordert Klöckner. Darum bleibt sie bei ihrer Forderung: Strukturen unterstützen.
Das tue die Ampelkoalition schon, hielt Audretsch dagegen, und zwar im Startchancengesetz. Darin seien 20 Milliarden Euro für die Unterstützung von Institutionen vorgesehen. Damit sollen zum Beispiel Sozialarbeiter an Schulen finanziert werden, "und dann Lehrkräfte entlasten, die sich dann darum kümmern können, dass Kinder auf den richtigen Weg kommen." Im Moment befindet sich das Gesetz im parlamentarischen Verfahren. Das heißt, es wird darüber geredet. Und so verhärtet, wie die Fronten aktuell sind, kann das noch recht lange dauern.
Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH