"Die Hölle": packender Thriller made in Austria
Eine Taxifahrerin wird in Wien Zeugin eines brutalen Mordes. Dadurch gerät sie selbst in Gefahr, doch die Polizei nimmt das zunächst nicht ernst. Knallharter Thriller aus Österreich.
Mit melancholischen Bildern von der großen Stadt lädt Stefan Ruzowitzky mit seinem Thriller "Die Hölle" (2016) ein. Die Lichter blenden, doch der Stress der nächtlichen Taxifahrten scheint Özge (Violetta Schurawlow) egal zu sein. Sie fährt. Und die Aggression und der Suff der anderen perlen an ihrer Windschutzscheibe ab. Özge schweigt und weiß sich zu wehren, wenn es drauf ankommt. Schnitt – und gleich mal a Nackerte.
Natürlich ist nur die Frau unbekleidet, der Mann im Hintergrund trägt Mantel und Siegelring und hat nur eines im Sinn: töten. Kurz und schmerzvoll springt die Handlung zwischen den Schauplätzen hin und her, führt Mord und Özges nächtliche Auseinandersetzung auf der Straße zueinander. Die brutale Folter einer Prostituierten fand im Nachbarhaus der Taxifahrerin statt und sie, Özge, wird nach Schichtende zur Zeugin, als sie ihr Toilettenfenster zum Lüften öffnet.
Optisch und akustisch setzt Ruzowitzky ("Die Fälscher", "Anatomie") von Beginn an kunstvoll Akzente. Aus der Vogelperspektive blickt er auf den Tatort, lässt das Messer des Mörders aufblitzen, traut sich an die Inszenierung von Gerüchen und Schmerzen. Der Genre-Könner spielt mit Erwartungen und kann es sich leisten, denn er hat mit Violetta Schurawlow eine fabelhafte Hauptdarstellerin gefunden, die dem Publikum Abstandhalten schwer macht. Wäre Wien Hollywood, hätte Violetta Schurawlow eine Karriere vor sich wie Jennifer Lawrence nach "Winter's Bone". Der Regisseur wollte unbedingt in ihren Augen Wien spiegeln – keine schlechte Idee.
Fazit: Atmosphärisch passt alles
Es ist nicht verwunderlich, dass Ruzowitzky die Idee zu diesem Thriller reizte: Zunächst rangierte das Drehbuch von Martin Ambrosch unter dem Titel "Dschahannam", so nennt man wohl im Islam die Hölle. Dennoch sollte ein brachialer Wien-Krimi draus werden, im großen Stil, ohne bei Actionszenen zu untertreiben oder sich an Hollywood anzubiedern. Mittendrin: Tobias Moretti, der den zuständigen Polizisten Steiner auffällig ekelhaft spielt.
Er ist es, der den Thriller zur Gratwanderung macht mit seinem groben Desinteresse an Zeugin und Mordfall. Doch solche Ritte auf der Rasierklinge scheinen den Regisseur anzutreiben. Die Staatsgewalt ignoriert zunächst die Gefahr, der Özge nach ihrer Beobachtung ausgesetzt ist. Es muss eine weitere Frau sterben, bis der Kommissar sich nicht in erster Linie nach den eventuellen Vorstrafen der Taxifahrerin erkundigt.
Im ersten Teil vermischt Ruzowitzky die Thrillerzutaten perfekt mit dem Alltag. Sehr schnell kommt der Serienmörder dem Mädchen auf die Spur, und schon nach der Hälfte der Zeit präsentiert Ruzowitzky einen Showdown, den man gemeinhin an das Ende eines Films stellt. Atmosphärisch passt einfach alles in "Die Hölle", der in mancherlei Hinsicht an Martin Scorseses Meisterwerk "Taxi Driver" (1976) mit Robert De Niro erinnert.
"Die Hölle" – Mo. 18.07. – ZDF: 22.15 Uhr
Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH