Escape am Abend: Die neue Staffel von "Die Carolin Kebekus Show"

Gerade ist die neue Staffel der Carolin Kebekus Show gestartet. Wie viele neue Folgen gibt es und welche Gäste werden dabei sein? Können Sie uns einen Ausblick geben?
Carolin Kebekus: In diesem Jahr werden 21 neue Folgen produziert, davon zwölf im Frühjahr. Ich darf viele tolle Gäste begrüßen, angefangen bei Ingo Zamperoni in der ersten Sendung. Inhaltlich bleiben wir beim bekannten Konzept. Angesichts der aktuellen Lage, wo es gefühlt überall auf der Erde brennt, wollen wir einordnen und auch einen kleinen Escape bieten.
Das Weltgeschehen – zum Beispiel in Amerika – kommt einem in diesen Tagen manchmal wie ein schlechter Film vor. Wie lässt sich diese Realität mit Comedy oder Satire noch toppen?
Man kann das fast nicht überhöhen. Was Donald Trump angeht, gucke ich regelmäßig, was die amerikanischen Kollegen machen. Und dann sehe ich, dass die es genauso sehen – dass der verrückt ist. Ich kann mittlerweile auch diese typischen amerikanischen Filme kaum noch anschauen, wo es einen guten, verlässlichen Präsidenten gibt. Das geht irgendwie gar nicht mehr, da muss ich ausschalten.
Welche inhaltlichen Schwerpunkte planen Sie für die kommenden Shows?
Es wird um das Weltgeschehen gehen und natürlich auch um das, was hier in Deutschland passiert. Dann gibt es zum Beispiel ein Wiedersehen mit einer Mutterfigur aus den 1980er-Jahren. Die ist so ein bisschen eine Mischung aus meiner Mutter und allen meinen Tanten (lacht). Bei uns hieß es zum Beispiel früher, wenn ich gesagt habe, dass ich Hunger habe immer: „Leck Salz, dann hast du auch Durst“. Diese Figur ist als Gegenentwurf zu dem zu verstehen, was zurzeit bei TikTok zu sehen ist: Da überschlagen sich die Mütter mit dem, was sie für ihre Kinder kochen und backen. Außerdem sind in der Show die feministischen Themen wichtiger denn je. Alle sagen immer: „Was soll das denn, immer die Frauenthemen, die sind doch längst gleichberechtigt“. Aber man sieht jetzt ja sehr deutlich, dass es nicht so ist.
In Ihren Shows beziehungsweise in Shows, an denen Sie teilnehmen, wird oft gespielt. Mögen Sie den Wettkampf oder eher das Verbindende beim Spielen?
Ich habe einen gesunden Ehrgeiz, ich gewinne gerne. Aber noch lieber spiele ich. Es ist also nicht schlimm, wenn ich verliere. Aber gewinnen ist schon besser … (lacht)
Welchem Politiker würden Sie gerne in einem Streitgespräch mal so richtig die Meinung sagen?
Wir haben gerade einen Wahlkampf hinter uns, da haben wir viel gesehen und es wurde sehr viel geredet. Auch Politikerinnen wie Alice Weidel durften sehr viel sagen. Wenn dann kritisch nachgefragt wurde, wurde es aber oft schwammig. Wenn ich so ein Streitgespräch machen dürfte, dann hätte ich auf jeden Fall gerne einen Faktenchecker danebensitzen, der das alles direkt überprüft. Dann können wir meinetwegen den Wahlkampf mit allen Politikern noch einmal machen.
Sind Sie denn aus Comedysicht zufrieden mit dem Wahlergebnis? Gibt das was her?
Ich glaube, jeder Wahlausgang hätte viel für die Comedy ergeben, da kann man bei jeder Konstellation etwas finden.
Aber Friedrich Merz wird künftig schon häufiger vorkommen?
Darum werden wir nicht herumkommen. Ich erinnere mich daran, dass wir mal eine Szene in einem Keller hatten, da stand eine Kiste mit der Aufschrift „Alte Merzwitze – nicht wegwerfen“. Ich denke, wir müssen in diesen Keller zurück und gucken, welche Witze noch gut sind (lacht). Tatsächlich ist es aber eine schwierige Situation für mich. Ich kann beschwingt Witze über Merz machen, er bietet auch die Fläche. Andererseits muss man aber auch irgendwie wollen, dass er als Kanzler funktioniert. Schließlich will keiner, dass es schnell wieder Neuwahlen gibt. Das macht es ein bisschen schwer.
Ihnen ist es wichtig, bei gesellschaftlichen Fragen Haltung zu zeigen. Werden Sie dafür angefeindet?
Es ist leider so, dass es viel Hass gibt, wenn man für liberale Werte, Diversität und Frauen eintritt. Da gibt es Hassmails mit Klarnamen, und das scheint den Leuten nicht einmal mehr unangenehm zu sein. Es gibt viel Frauenhass, das ist auch etwas, das man in Amerika gerade deutlich sehen kann. Zum Glück gibt es verschiedene Schritte, mit denen man reagieren kann. Manche Leute scheinen sehr überrascht zu sein, wenn sie für das belangt werden, was sie im Netz schreiben.
In Ihrer Show treten häufig Frauen auf. Finden Sie Frauen einfach witziger als Männer oder geht es auch darum, dass Frauen eine Bühne bekommen?
Alle Geschlechter haben ihre Geschichten, Wahrheiten und Witze. Ich finde Frauen nicht grundsätzlich witziger, aber es gibt viele gute Geschichten, die sie erzählen können. Die Situation für Frauen in der Comedy hat sich in den vergangenen Jahren auch schon extrem verbessert. Aber es gibt trotzdem noch Shows, wo nur Männer besetzt sind oder vielleicht mal eine einzige Frau. Deshalb möchte ich gerne eine Bühne bieten, die die Frauen nutzen dürfen. Ich habe auch das Gefühl, dass gerade Frauen oft diejenigen sind, die Comedy konsumieren, da sollten sie nicht als Sparte gesehen werden. Es gibt deutlich mehr Themen als „Einparken“ oder „Schuhe kaufen“. Gerade auch bei den Frauen mit Migrationsgeschichte gibt es viele tolle Künstlerinnen, die unglaublich lustig sind und es wert sind, gehört zu werden.
Sie sind vor etwas mehr als einem Jahr Mutter geworden und geben auf der Bühne auch Einblicke in Ihre Erlebnisse, etwa zur Geburt oder zum Stillen. Hat sich Ihr Humor durch Ihr Kind verändert?
Mein Humor ist besser und breiter geworden. Weil ich jetzt Mutter bin, haben sich noch mehr Welten eröffnet, aus denen ich schöpfen kann. Das Kind ist auch schon sehr lustig, das macht mich natürlich stolz (lacht). Am Anfang war es seltsam, Babys können ja erstmal nicht viel. Und man ist wirklich lange mit den Nachwirkungen von Schwangerschaft und Geburt beschäftigt. Inzwischen gibt es aber lustiges Brabbeln und manchmal auch absurde Comedy mit dem Kind, das bietet viel Inspiration.
Aus der Kirche sind Sie schon länger ausgetreten, trotzdem spielt sie immer noch eine Rolle: Ihr aktuelles Programm heißt „Shesus“. Was fasziniert Sie am Themenkomplex Kirche und Glauben?
Ich bin zwar ausgetreten, aber ich fühle mich immer noch katholisch. Ich fände es schön, wenn es eine Kirche gäbe, die für alle da wäre. So etwas könnten wir in diesen Zeiten gut gebrauchen. Aber es bleibt immer noch dieselbe Kritik, besonders was den Umgang mit Missbrauchsopfern anbelangt oder den Zugang von Frauen zu geweihten Ämtern. Die Liste ist lang und ich habe das Gefühl, es bewegt sich nichts. Die Rolle der Frau ist sehr bezeichnend: Als Mutter kann sie die Heilige sein, ansonsten ist sie aber schnell die Prostituierte. „Shesus“ ist allerdings kein wirklich religiöses Programm. Es geht eher darum, durch die Geburt zur Göttin zu werden. Wobei die Realität oft anders aussieht (lacht). Wenn man sich für das Stillen entscheidet und das Kind keine Flasche nimmt, dann funktionieren manche Ideen von Gleichberechtigung einfach nicht.
Sie engagieren sich auch für „Umsteuern. Robin Sisterhood“. Können Sie kurz erklären, wofür der Verein steht?
Den Verein haben einige Mitstreiterinnen und Mitstreiter – zum Beispiel die Theologin Maria Mesrian von der Bewegung „Maria 2.0“ – und ich vor einigen Jahren gegründet. Er setzt sich für diejenigen ein, die Opfer von sexuellem Missbrauch durch Mitglieder der katholischen Kirche geworden sind. Die Aufarbeitung des Missbrauchs innerhalb der Kirche ist weiterhin schlecht. Die Anerkennung des Leids und viele weitere Dinge – das wäre eigentlich Aufgabe der Kirche. Der Teil mit dem Umsteuern bezieht sich unter anderem auf die Kirchensteuer, die diejenigen einsparen, die aus der Kirche ausgetreten sind. Diese können sie gezielt umsteuern zu Projekten etwa für die Opfer von Missbrauch.
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