Francis Rossi im Interview

Status Quo: Sie rocken seit sechs Jahrzehnten rund um die Welt

05.09.2022, 11.45 Uhr
von Marcus Italiani
Francis Rossi (Mitte) ist auf dem Teppich geblieben.
Francis Rossi (Mitte) ist auf dem Teppich geblieben.  Fotoquelle: earMUSIC / Tina Korhonen

60 Jahre Power-Boogie, 60 Jahre Hits, 60 Jahre Status Quo – wo ist nur die Zeit geblieben? Bandboss Francis Rossi weiß ganz genau, dass Altern nicht unbedingt nur positive Eigenschaften besitzt. Er ist aber auch smart genug, um zuzugeben, dass man es sich als Berusfsjugendlicher eben so manches Mal leisten kann, biologischen Prozessen keine Bedeutung zu schenken.

Kurz vor der "Out Out Quoing"-Deutschland-Tour haben die britischen Dinos ihre neue Compilation "Quo'ing In" veröffentlicht. Mr. Rossi scheint zufrieden damit zu sein, denn zur Eröffnung des Interviews singt er gleich mal ein Ständchen.

Francis Rossi (singend): "Good Morning, Good Morning…"

prisma: Ah, das ist aus "Singin' In The Rain". Nicht ganz passend, denn hier in Deutschland sind es gerade über 30 Grad.

Oh, okay – außerdem ist bei euch wahrscheinlich schon Nachmittag.

Nicht ganz. Dafür reicht die Stunde Zeitverschiebung nicht aus. Francis, wollen wir eigentlich Italienisch reden?

Bitte nicht. Ich hatte heute Nacht einen Albtraum. Madonna hatte mich in ihr Café eingeladen, und leider konnte ich sie nicht verstehen, weil sie Italienisch sprach und ich in Englisch träume. Eine Katastrophe.

Keine Katastrophe ist hingegen Eure schier endlos lange dauernde Karriere. Ist die 60 eine Zahl, die Dir Angst macht?

Bis zu einem gewissen Grad schon. Aber wenn man es genau nimmt, ist die Gründungszeit der Band die, wo ein paar Halbwüchsige irgendwelche Geräusche gemacht haben, die nicht unbedingt mit Musik vergleichbar waren. Daher mutet es schon ein wenig lächerlich an, die Bandgründung offiziell auf 1962 zu datieren. Auf der anderen Seite waren das eben die Anfänge. Aber zurück zu der Frage: Wirkliche Angst hatte ich, als ich 27 war und mir ein 17-jähriger Musiker sagte, ich sei ein langweiliger alter Trottel. Wenn man dann 30 und 40 wird, dann denkt man sich: 'Mist, ich bin alt'. Dann wird man 50 und realisiert, dass Mick Jagger auf die 60 zugeht. Irgendwann ist es einfach nur egal. Ich habe beschlossen, mich immer wie 45 zu fühlen. Das ist ein guter Kompromiss.

Das ist die persönliche Seite. Aber was ist mit der Karriere?

Mit der Karriere ist es schon eine merkwürdige Sache. Wenn man eine Band hat, dann will man einfach immer, dass diese Band noch größer wird. Verrückt, aber dagegen kann man nichts tun.

Die vergangenen beiden Jahre haben dazu nicht gerade beigetragen, oder?

Weißt Du, ich war gar nicht unzufrieden im Lockdown. Klar muss man sich wieder an das Live-Spielen gewöhnen. Aber grundsätzlich fand ich es wirklich entspannend, mal aus dem Hamsterrad herauszukommen und zu entschleunigen. Bislang war es immer so, dass ich mich wie ein Esel gefühlt hatte, der einer Karotte hinterherrennt, die er nie erreichen kann, weil jemand, der auf ihm reitet, sie an einer Angel über seinem Kopf hält. Und ich habe mich immer gefragt, was passiert, wenn ich die Karotte doch irgendwann erreiche.

Wahrscheinlich verspeist Du sie und jagst der nächstgrößeren Karotte nach.

Der Gedanke ist typisch deutsch, trifft den Nagel aber wohl auf den Kopf. Und es ist auch nicht schlimm. Denn es wäre furchtbar, zufrieden zu sein. Es gäbe keine Freude, ohne Trauer. Irgendwie muss es immer ein Ziel geben, so ist das Leben.

Ein Leben, in dem es aber sehr oft Grund zur Freude geben sollte. Immerhin bist Du ein Weltstar.

Das glaube ich nicht. Was ist ein Weltstar? Ein Beispiel: Wenn Du 45 Millionen Alben in den USA verkaufst, dann bedeutet das in erster Linie, dass 280 Millionen Amerikaner das Album nicht haben. Noch eindrucksvoller ist diese Sichtweise, wenn man die Albumverkäufe auf die Weltbevölkerung umrechnet. Es gibt vielleicht eine Handvoll Alben, von denen mehr als 100 Millionen Kopien verkauft wurden. Was ist das schon im Vergleich zu fast acht Milliarden Menschen auf dem Planeten? Lächerlich! Der Gedanke hilft einem aber auch dabei, auf dem Teppich zu bleiben. Ich spiele in einer Band, die einigen Leuten viel bedeutet. Deshalb bin ich jetzt aber noch lange nichts Besonderes. Ich liebe das, was ich tue, aber ich weiß auch, dass es Menschen gibt, denen Musik gar nichts bedeutet. Deshalb würde ich mich oder meine Band niemals künstlich überhöhen. Mir ist auch egal, ob ich in einem riesigen Stadion vor 100.000 Leuten spiele oder vor 100 in einer Bar. Jeder Gig ist erstmal ein Gig. Was dann daraus wird, hängt von vielen Dingen ab, aber nicht von der Größe oder der unterstellten Wichtigkeit.

Diese gesunde Einstellung hat wohl dazu geführt, dass Rossi und Quo immer noch da sind. Das nächste große Ding in der Karriere von Status Quo ist die anstehende Tour. Das dazugehörende Album deckt die wirklich spannende zweite Hälfte Eures Werdegangs seit „In The Army Now“ (1986) ab, quasi Eure Wiedergeburt nach der eher unschönen Trennung von Alan Lancaster und Pete Kircher, mit denen Rick Parfitt und Du sogar juristisch um die Namensrechte der Band streiten musstet.

Es war eine Phase der großen Umbrüche in der Band. Viele Menschen haben uns damals nicht zugetraut, nochmal durchzustarten. Damals kam vieles zusammen. Als ich den Bolland & Bolland-Song „In The Army Now“ hörte, dachte ich: ‚Wow, das könnte etwas werden.‘ Ich hatte sofort wieder die Bilder aus meiner Schulzeit im Kopf, als der Direktor jedem, der etwas ausgefressen hatte, immer an den Kopf warf, dass er den Übeltäter zur Armee schicken würde. Der Song passte einfach zu uns und wurde glücklicherweise ein großer Hit. Auf dem Album sind viele gute Nummern. Das gilt aber auch für spätere Werke wie „Under The Influence“, die nie so ganz den Stellenwert hatten, der ihnen eigentlich gebührt. Deshalb haben wir auch einige der Songs neu aufgenommen, um zu schauen, ob das Feeling noch stimmt und es in die jetzige Zeit geschafft hat. Das war ziemlich aufregend, und ich freue mich schon darauf, die Sachen live auf unserer Tour zu bringen.

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