Interview mit Susanna Simon

"Bei einer Serie kann man aus Fehlern lernen"

Gemeinsam mit ihrer TV-Schwester Meike Droste übernimmt Schauspielerin Susanna Simon das "Hotel Heidelberg" von Annette Frier und Christoph Maria Herbst. Welche Tipps sie von den beiden bekommen hat, verrät sie im Interview.

Einfach mal ein Hotel übernehmen? Für Susanna Simon kein Problem – schließlich kann sie als Schauspielerin theoretisch in so ziemlich jede Berufsrolle schlüpfen. Eine simple Tatsache, die sie aber immer wieder fasziniert, wie die 50-Jährige erklärt. Von der Krankenhausärztin ("Dr. Molly & Karl") bis zur mordverdächtigen Witwe ("Friesland: Klootschießen") wagte sich die Wahl-Berlinerin bereits an mannigfaltige Charaktere – und gibt nun gemeinsam mit ihrer TV-Schwester Meike Droste die neue Besitzerin des "Hotel Heidelberg". Dass die Nachfolgerinnen von Annette Frier und Christoph Maria Herbst das ehrwürdige Gasthaus ab Freitag, 31. Mai, ("Wir sind die Neuen", 20.15 Uhr, ARD) als Geschwisterpaar leiten, kommt Simon durchaus gelegen, wie sie im Interview verrät.

prisma: Haben Sie nach den ersten Drehs bereits Sehnsucht nach der Stadt am Neckar?

Susanna Simon: Ich muss sagen: Ja! Zuvor war ich noch nie in Heidelberg gewesen – und war von der Atmosphäre sehr überrascht. Alles überaus entspannt, die Natur und die Altstadt. Wir drehten drei Wochen im Herbst, aber es war wie im Spätsommer. Man kann alles erlaufen und so die Stadt gut kennenlernen. Ich würde mich freuen, da wieder drehen zu können!

prisma: Es ist schon ein großer Unterschied zum rauen Charme von Berlin oder Leipzig, wo sie aufwuchsen und leben. War Ihnen das romantisch Gediegene neu?

Simon: Ich kenne das vom Bodensee, wo mein Vater lebt. Da bin ich gerne, vor allem mit den Kindern. Weil ich weiß, dass es da ebenso entspannt ist. Die Leute sind einfach gemütlicher drauf. Je mehr man in den Norden kommt, desto kühler wird es (lacht). Ich bin ein großer Fan des Südens, vor allem mag ich die Üppigkeit des Genusses. Gute Weine, gutes Essen!

prisma: Was glauben Sie, woher dieser Unterschied kommt?

Simon: Ich denke, es hat viel damit zu tun, dass im Süden die Katholiken leben, die ja die genussfreudigere Religion darstellen, im Vergleich zu den Protestanten im Norden. Aber es hat sicher auch mit der Landschaft zu tun. Der Norden ist ziemlich karg, da gibt es dann nur plattes Land.

prisma: Immerhin stammt Ihre Serien-Schwester Meike Droste aus Baden-Württemberg. Kannten Sie beide sich vorher schon?

Simon: Ich kannte Meike vorher noch nicht, lernte sie erst beim Casting kennen. Aber ich bin jetzt sehr glücklich über diese Fügung und unsere Zusammenarbeit. Man kann ihr viel anvertrauen, muss nicht vorsichtig sein. Ganz abgesehen von der Arbeit an sich: Da weiß ich, sie ist eine Partnerin, die einem ein Angebot macht, auf das man reagieren kann. Die Chemie zwischen uns hat gestimmt, wir befruchten uns gegenseitig viel. Mit einem starken Partner kommt auch bei der eigenen Fantasie mehr in Gang.

prisma: Wie nähert man sich als Schauspiel-Duo an, wenn man sich nicht kennt?

Simon: Wir haben uns erst beschnuppert, dann war ich beispielsweise bei ihr am Deutschen Theater. Bei den gemeinsamen Proben sind wir uns natürlich nähergekommen. Man merkt eigentlich schnell, wann es stimmt – und wann es eher halbherzig ist. Bei uns war das wie Arsch auf Eimer (lacht).

prisma: Haben Sie sich auch mit Ihren Vorgängern Christoph Maria Herbst und Annette Frier austauschen können?

Simon: Ja, auch, weil Heidelberg bei der Wärme zum Feiern einlud (lacht). Zudem sind beide sehr gebende Schauspieler, die mit ihrer Freude nicht zurückhalten. Sie sind sehr offene Menschen, deshalb war das ganz großartig.

prisma: Gaben die beiden Ihnen auch Tipps?

Simon: Nein, da gibt es so eine Grenze. Es gab höchstens Tipps zur Verkehrssituation in Heidelberg (lacht). Die sagten: Bevor ihr aus der Garderobe kommt, schaut links und rechts! Das wurde zehnmal von allen Seiten gesagt.

prisma: Mussten Sie sich vor dem Dreh in die Grundlagen des Hotel-Business einlesen?

Simon: Ich war tatsächlich vorher schon damit in Berührung. Erst einmal bin persönlich sehr gern in Hotels – für mich ist das Urlaub, da muss ich gar nix machen. Und zum anderen möchte meine Tochter gerne Hotel-Management studieren. Daraufhin haben wir beschlossen, uns weltweit schöne Hotels anzuschauen, damit sie überlegen kann, ob das wirklich etwas für sie ist. Sie machte ein Praktikum in Berlin, hat sich das alles angeschaut. Insofern kann ich viel darüber erzählen, weil es ein gemeinsames Interesse von uns ist. Dann kam das Angebot für die Serie – und meine Tochter konnte mir viel erzählen. Ich musste mich also nicht erst interessieren, sondern war schon angefixt. Denn: Jedes Hotel ist eine eigene Welt.

prisma: Haben Sie sich im "Hotel Heidelberg" schon eingelebt? Würden Sie sich freuen, einmal länger in einer Serie beziehungsweise Reihe mitzuspielen?

Simon: Ich persönlich liebe gute Serien. Als Schauspielerin mag ich sie auch. Es ist ein wenig wie beim Theater: Man kann aus Fehlern lernen, um es beim nächsten Mal besser zu machen. Man lernt auch mehr über den Charakter kennen, und kann das in der nächsten Folge einbauen.

prisma: Erscheint Ihnen der Einstieg in eine existierende Reihe schon jetzt anders und besonders?

Simon: Man muss sich annähern und kennenlernen, auch dem Team und der Regie. Diese Phase ist nun vorbei. Jetzt kann man an den Feinschliff gehen. Bei einem abgeschlossenen Film ist das anders. Hier ist der kreative Prozess ganz anders, das liebe ich. Gerade in der Figurenentwicklung: Bei meiner Figur denke ich etwa, dass sie noch ein wenig das Komödiantische bedienen könnte. Das kann auch leichter werden.

prisma: Gemeinsam mit Meike Droste spielen Sie ein Schwesternpaar. Sie selbst haben eine bekannte jüngere Schwester, Maria Simon. Konnten Sie aus Ihrer eigenen Schwesternerfahrung zehren?

Simon: Ja, total! Das war mein Quell! Denn meine Schwester und ich sind tatsächlich so unterschiedlich. Während ich meinen Plan und eine Struktur brauche, fliegt sie in den Tag hinein und zaubert sich dann Plan und Struktur. Die Schwierigkeiten miteinander kannte ich, und auch, wie einem das auf die Nerven geht! (lacht) Wie man versucht, die Schwester zu verstehen; wie man lieber auch so sein möchte, aber nicht so sein kann ...

prisma: Man würde ja eher denken, dass Sie als ältere Schwester das Vorbild waren ...

Simon: Es gab beides. Als wir Kinder waren, war die Kleine permanent an mir dran. Ich musste sie überall mit hin schleppen, auf sie aufpassen. Das war nervig – aber meine Schwester fand das natürlich toll. Als wir dann erwachsener wurden, sah ich, wie sie eigentlich so ist. Und da dachte ich manchmal, dass ich auch lieber so wäre, einfach so träumen und damit zufrieden sein. Einfach anders sein. Aber das wünscht sich ja eigentlich jeder. Deshalb bin ich ja auch Schauspielerin geworden: Damit ich vieles sein kann.

prisma: Ist es eigentlich ein schwierigeres Geschwisterverhältnis, wenn die eigene Schwester den gleichen Beruf ausübt?

Simon: Uns verbindet unsere Geschichte, unsere Familie, unsere Kinder, die sich total gut verstehen. Das liegt alles jenseits des Berufes. Ich muss aber sagen, dass ich es gut finde, dass wir nicht derselbe Typ sind. Viele würden ja gar nicht auf die Idee kommen, dass wir Schwestern sind. Sind wir aber. Insofern ist das relativ friedlich – weil sie niemals meine Rollen angeboten bekommt und ich nicht ihre. Es gibt auch kein Missverhältnis in dem Sinne, dass die eine arbeitet und die andere nicht.

prisma: Ein Konflikt über längere Zeit – in der Reihe sind es 20 Jahre ohne Kontakt – hat sich also nicht abgezeichnet?

Simon: Nein, das könnte ich mir nicht vorstellen. Ich persönlich würde das auch nie so machen. Aber ich kann mich in eine Person hineinversetzen, die so ist. 20 Jahre Funkstille wären bei mir und Maria nicht drin. Auf keinen Fall.

prisma: Was braucht es denn für so einen harten Schnitt?

Simon: Es braucht dafür eine ganz, ganz tiefe Verletzung, vor der man abhauen will. Und wenn man die andere Person sieht, wird diese Wunde aufgerissen. Das kann man nicht ertragen und muss woanders einen neuen Anfang machen.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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