"Ein leichtes Mädchen": Sommerfantasien mit Zahia Dehar
Als minderjähriges Escort-Girl geriet Zahia Dehar in die Schlagzeilen. In dem Film Ein leichtes Mädchen" versucht sie sich als Schauspielerin. Es geht um junge Mädchen und reiche ältere Männer.
Nach zwei einfallsreichen modernen Abenteurerinnen-Porträts mit Léa Seydoux reduziert Regisseurin Rebecca Zlotowski in "Ein leichtes Mädchen" das weibliche Abenteuer auf ein Dasein als williges Sexualobjekt. Penetrant spielt Sofia-Darstellerin Zahia Dehar im Erotikdrama, welches das ZDF nun als Free-TV-Premiere zeigt, auf das Medien-Image an, mit dem sie vor einigen Jahren besonders in Frankreich bekannt geworden ist: Damals erschien sie als minderjähriges Escort-Girl und "Geburtstagsgeschenk" für einen prominenten Fußballer (der später angab, nichts vom jungen Alter seiner Begleiterin gewusst zu haben) in den Schlagzeilen.
Die Hauptdarstellerin passt also vermeintlich zur Geschichte: Die 16-jährige Naïma (Mina Farid) bewundert ihre sexuell freizügige Cousine Sofia (Zahia Dehar). Gemeinsam verbringen sie einen erotisch aufgeladenen Sommer in Cannes. Für die knisternde Stimmung sorgen der reiche Andres (Nuno Lopes) und sein Angestellter Philippe (Benoît Magimel), auf die die beiden jungen Frauen an der Côte d'Azur treffen. Sofia schläft mit Andres, während Naïma Zeit mit Philippe verbringt.
Seit dem Fußballer-Skandal dehnt Zahia Dehar ihre 15 Minuten Ruhm nach Kräften aus. Vom seligen Karl Lagerfeld hat sie sich fotografieren lassen und ein bisschen in Modedesign gemacht. Ihr abstruser Versuch, in "Ein leichtes Mädchen" einer Nimm-Mich-Attitüde etwas Stolz abzugewinnen, versetzt sie ins Peinlichkeits-Niemandsland zwischen verkapptem Erotikfilmchen und C-Prominenz-Spektakel. Beispielhafte Szene: Sie sei wohl stachelig wie ein Seeigel, meinen am Strand zwei Jungs zu Sofia. Nein, ganz im Gegenteil, beteuert die junge Frau mit Kleinmädchenstimme. Sie sei sehr weich, sagt sie, massiert sich zunächst ihre nackten Brüste und berührt anschließend ihren Intimbereich durchs Bikinihöschen.
Ist Dehars Auftreten als Sofia wirklich ernst gemeint, oder nicht vielleicht doch komödiantisch? Es handelt sich höchstens um unfreiwillige Komik. Sofia taucht unvermittelt am 16. Geburtstag ihrer Cousine auf. Die darf ihr "Carpe diem"-Tattoo bewundern und ihr den Intimschmuck anlegen. Trotz sommerlichen Hochbetriebs stöckelt Sofia völlig konkurrenzlos an den Yachten im Hafen entlang. Milliardär Andres erspäht sie und lacht sein lüsternes Lachen: an Bord, Mädels!
In der Nacht auf dem Boot beobachtet Naïma Sofia und Andres beim Oralsex und träumt von Sofias Unterleib in Ekstase. Dagegen ist Philippe, die rechte Hand des Milliardärs, ein ganz Anständiger. Er faselt viel von Naïmas inneren Werten. Trotzdem freut auch die sich über das Geschenk, beziehungsweise die Entlohnung für den Abend: Die Mädchen dürfen sich in einer teuren Boutique etwas aussuchen. Dann geht das Geschippere auf dem Mittelmeer erst richtig los. Sonst passiert gefühlt nichts mehr. Denn die französische Filmemacherin Rebecca Zlotowski erzählt nicht wirklich. Sie traut sich nicht, ihre Sofia in eine vielstimmige Welt zu entlassen, in der die Frage auftauchen darf, ob es tatsächlich so toll ist, permanent seinen Körper für den reichen Mann anzupreisen – und dafür noch bewundert zu werden.
Bei den Filmfestspielen von Cannes 2019 erhielt "Ein leichtes Mädchen" in einer Nebenreihe einen Preis. Vielleicht gab ja der Arthouse-Schnickschnack den Ausschlag: die Rohmer-Anklänge und die Sommerfantasie-Anmutung etwa. Erstere bleiben substanzlos, Letzteres ist lediglich der Versuch einer Schadensbegrenzung. Fern jeder Rührung schüttelt es einen vor Zahia Dehar als unfreiwillige Parodie, ja Zerrbild von Sophia Loren, Claudia Cardinale und Brigitte Bardot.
Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH