"Mission Wahrheit"

Trump gegen die US-Presse – ARTE zeigt sehenswerte Doku

von Markus Schu

Dokumentarfilmerin Liz Garbus konnte ein Jahr lang die Redaktion der "New York Times" bei der Arbeit begleiten. Wie wappnet sich die Zeitung gegen den "Fake News"-skandierenden US-Präsidenten Donald Trump?

"Wow. Was für eine Story. Was für eine unfassbare Geschichte." Es sind einige der ersten Worte, die in der Dokumentation "Mission Wahrheit – Die New York Times und Donald Trump" zu hören sind. Geäußert werden sie von Dean Baquet, dem Chefredakteur der im Titel erwähnten Zeitung, während er Trumps Amtseinführung im TV mitverfolgt. Und sie geben sogleich die Stoßrichtung für das hochspannende Werk der oscarnominierten Regisseurin Liz Garbus vor. Zwölf Monate lang begleitete die renommierte Filmemacherin die Redakteure der "New York Times" bei ihrer Berichterstattung über das erste Amtsjahr Donald J. Trumps. Sie war live dabei, als die Russlandaffäre immer weitere Kreise zog, die Fake-News-Vorwürfe des Präsidenten zorniger wurden, die rechten Ausschreitungen in Charlottesville stattfanden und die Film- und Fernsehindustrie von den #MeToo- und #TimesUp-Bewegungen erschüttert wurde. ARTE zeigt alle vier Teile des Formats am Dienstag, 6. November, ab 20.15 Uhr, direkt nacheinander.

"Mission Wahrheit" (im Original: "The Fourth Estate", zu Deutsch: "Die vierte Gewalt", also die Presse als sogenannte "Informative") ist eine sensationell spannende Auseinandersetzung mit dem kontroversesten US-Präsidenten aller Zeiten und zugleich ein Plädoyer für die freie Presse. Nicht nur die chaotischen Zustände der Trump-Administration und die ständigen Lügen des mächtigsten Mannes der Welt stehen im Vordergrund der Reihe. Auch die Konkurrenzsituation zur "Washington Post" und der permanente Druck, vor allem im Online-Journalismus sowohl schnell als auch sorgfältig zu arbeiten und eben keine "Fake News" zu verbreiten, werden thematisiert.

Das Nachrichtenbusiness ist ein besonders hartes und stressiges, wie auch Glenn Trush, Korrespondent im Weißen Haus, betont. An anderer Stelle wird auf ein ganz banales, aktuelles Problem verwiesen: sinkende Auflagen und schwindende finanzielle Mittel. Denn ohne Geld kann es auch keine investigative Berichterstattung geben. Der erfahrenen Doku-Regisseurin Liz Garbus (Emmy für "What Happened, Miss Simone?" (2015)) gelingt es, die Arbeit der porträtierten Journalistinnen und Journalisten transparent zu machen, indem sie die betreffenden Personen selbst zu Wort kommen lässt. So werden nicht nur berufliche, sondern auch private Schicksale spürbar.

Wie zum Beispiel bei Maggie Haberman, einer ehemaligen Klatschreporterin, die bei der "New York Times" als Trump-Expertin einstieg und hoffte, dass nach dem Wahlkampf der ganze Spuk wieder vorbei sei – um endlich wieder Zeit für die Familie zu haben. Doch mit dem unerwarteten Sieg Donald Trumps ist sie zum unverzichtbaren Stützpfeiler der Redaktion avanciert. Haberman versteht den narzisstischen Präsidenten, seine Rhetorik und seinen Kreuzzug gegen die Medien mit am besten: "Für Trump gibt es immer nur seine Sicht der Dinge," sagt sie an einer Stelle. Auch Investigativteamleiter Mark Mazzetti oder Elisabeth Bumiller, Leiterin des Washingtoner Büros der "New York Times", werden bei ihrer aufopferungsvollen Arbeit hautnah begleitet.

Doch was "Mission Wahrheit" aus dem Pool an Polit-Dokus herausstechen lässt, ist vor allem die audiovisuelle Gestaltung des Ganzen. Die Kameraarbeit ist nahezu cineastisch, man fühlt sich teilweise an Polit- und Journalismusthriller wie "Die Unbestechlichen", "Spotlight" oder David Finchers Remake von "Verblendung" erinnert. Letzteres kommt auch nicht von Ungefähr, zeichnen doch Finchers "Nine Inch Nails"-Stammkomponisten Trent Reznor und Atticus Ross, die auch schon "The Social Network" und "Gone Girl – Das perfekte Opfer" musikalisch untermalten, für den Score verantwortlich.

ARTE zeigt die insgesamt vier Folgen ("Die ersten hundert Tage", "Aufschlag Trump", "Zur Lage der Nation" und "Die Welt der Fakten") am Stück. Neben ARTE wirkte unter anderem auch der WDR an der Realisierung des Doku-Großprojekts mit, weswegen der Sender das Format einen Tag später, am Mittwoch, 7. November, 22.55 Uhr ebenfalls in Gänze ausstrahlt – wenngleich "Mission Wahrheit" hier anstelle von vier Episoden à 50 Minuten in zwei Anderthalbstünder verpackt wurde.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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