Andreas und Chris Ehrlich füllen als „Ehrlich Brothers“ mit ihren spektakulären Illusions-Shows die Arenen. Fürs ZDF haben sie an einem besonderen Projekt mitgewirkt: „Magic Moves“ untersucht, ob das Erlernen von Zaubertricks Kindern mit halbseitiger Lähmung hilft.
Wie ist es überhaupt zu „Magic Moves“ gekommen?
Andreas Ehrlich: Wir haben uns mit unserer Zauberei einen Lebenswunsch erfüllt und sind sehr dankbar dafür , dass wir Millionen von Menschen mit unseren Shows zum Staunen bringen. Dabei haben wir nie diejenigen vergessen, denen eine solch unbeschwerte Teilhabe am Leben nicht möglich ist, insbesondere Kinder, die gehandicapt sind. Das wussten die Produzenten von „Magic Moves“. Als sie mit der Idee auf uns zukamen, waren wir von Anfang begeistert und haben unsere Teilnahme sofort zugesagt.
Chris Ehrlich: Die Möglichkeit zu zeigen, dass Zauberkunst viel mehr bewirken kann, als Menschen ,nur‘ zu unterhalten, hat uns gleich fasziniert: Können wir mit Zauberei Kindern helfen, mit ihrer Hemiparese besser klarzukommen oder Fortschritte zu machen? Das ist die spannende Frage, um die es bei „Magic Moves“ geht.
Hättet ihr abgelehnt, wäre das dann mit jemand anderem umgesetzt worden?
A: Die Frage stellte sich uns nicht, da wir von Anfang an gesagt haben, dass wir uns mit dem Know-how, das wir uns in den vergangenen Jahrzehnten erarbeitet haben, einbringen wollen. Von daher gab es diese Diskussion nicht.
Chris Ehrlich: Wir haben wochenlang in Dutzenden Meetings Zauberkunststücke analysiert und daraus eine Auswahl getroffen, die wir dann mit den Kindern eingeübt haben. Es war eine tolle Zusammenarbeit mit dem ZDF und der Ludwig-Maximilian-Universität München und für uns vielleicht der größte Trick des Lebens, was dabei herausgekommen ist. Ohne jetzt zu spoilern!
Ihr habt es gerade als „euren größten Trick“ bezeichnet. Hattet ihr vorher Angst, die Kinder zu enttäuschen?
Beide: Total!
A: Man muss sich ja eins klarmachen: Wir verlassen unseren sicheren Hafen, wo wir eine Show machen und genau wissen, zu welchem Zeitpunkt welcher Trick passiert, wann gelacht oder gestaunt wird. Wir wissen, da kommen Kinder und Familien mit unfassbaren Erwartungshaltungen. Was uns nicht so bewusst war: dass viele dieser Kinder im Alltag gehänselt werden. Wir mussten es also irgendwie schaffen, diese Kinder gestärkt nach Hause zu schicken – mit dem Selbstbewusstsein, dass sie etwas können, was andere vielleicht nicht können. Und obendrein halt noch das, wofür wir eigentlich da waren: dass sie die Hand besser bewegen können als vorher. Dass sie ihre Alltagsziele, wie beispielsweise einen Zopf zu binden oder eine Pizza zu schneiden, erreichen. Am meisten Angst hatten wir vor dem ersten Tag. Wir wussten ja nicht, wie gut unsere Tricks mit den Kindern funktionieren würden. Ob es bei jedem gleich gut klappt oder wir nachher ein weinendes Kind haben, weil alle anderen es hinkriegen.
C: Das eine ist die große Emotion, die mit dem Projekt verbunden war. Das andere ist die wissenschaftliche Begleitung. Physiotherapie und Ergotherapie haben einige Ansätze mit der Zauberei gemeinsam. Dass das wissenschaftlich so messbar sein würde und dass durch das Triggern der Emotionen bei den Kindern so viel passieren würde, damit hat keiner gerechnet. Das ist wirklich unfassbar.
Das heißt, die Rückmeldung des medizinischen Teams, dass das Projekt begleitet hat, war gut?
C: Die war super.
A: Nach dem Projekt war klar, dass das wirklich ein Erfolg ist. Ich glaube, dass ein hohes Maß an Motivation erreicht wurde, weil die Kinder das Ganze nicht als Therapie wahrgenommen haben. Sie wollten einfach einen Zaubertrick üben und haben sich deshalb mit ihrer kranken Hand angestrengt. Das hat uns so beeindruckt, dass wir gesagt haben, wir wollen das unbedingt weiterverfolgen, um auch anderen Kindern dieses Erlebnis zu ermöglichen.
Ist eine Fortsetzung im Fernsehen geplant?
A: Als TV-Format ist „Magic Moves“ an sich eine abgeschlossene Sache. Aber wir haben sehr konkrete Schritte eingeleitet, um eine Stiftung oder eine gemeinnützige GmbH zu gründen. Wir wollen da auf jeden Fall etwas auf den Weg bringen.
Hattet ihr die Sorge, man könnte euch wegen des Formats am Ende als „Möchtegern-Wunderheiler“ bezeichnen?
C: Unseren Künstlernamen „Ehrlich“ haben wir vor 20 Jahren so gewählt, weil wir eine ehrliche Herangehensweise an die Zauberkunst haben. Die Leute kommen zu uns und bekommen eine mega-geile Show. Wir lassen einen Monstertruck erscheinen, wir verbiegen Bahnschienen aus Stahl und entfachen einen riesigen Schneesturm in den Arenen – da ist dem Publikum schon klar, dass das Entertainment auf höchstem Niveau ist, unfassbar spektakulär auf die Bühne gebracht.
A: Gerade, weil „Magic Moves“ wissenschaftlich begleitet ist, sind wir davon sehr weit entfernt. Ich weiß gar nicht, ob wir das sonst gemacht hätten. Es war für uns auch die spannende Frage, ob das Erlernen von Zaubertricks Fortschritte erzielen kann. Es ist nicht so, als ob wir jetzt die Hand aufgelegt und jemanden geheilt hätten. Es ist eine sehr therapeutische, emotionale und psychologische Herangehensweise, Kindern zu helfen. Wir wussten nicht, zu welchen Ergebnissen es führen würde. Aber für uns als Künstler war es am wichtigsten, dass die Kinder mit gesteigertem Selbstwertgefühl nach Hause gehen. So haben wir auch die Kunststücke ausgewählt.
Die Kinder haben bei „Magic Moves“ viel von euch gelernt. Wie sieht es andersherum aus: Habt ihr auch von den Kindern gelernt?
A: Auf jeden Fall! Nicht aufzugeben! Den Umgang mit neuen Herausforderungen…
C: Die Befürchtung, die wir selbst hatten, ob das überhaupt funktionieren kann – die hatten die Kinder gar nicht. Offen und unverkrampft an Dinge heranzugehen und zu sagen, dass man etwas unbedingt schaffen will…was das angeht, waren die Kinder für mich die größte Inspiration.
in der ZDF-Mediathek ab Mittwoch, 27. November, 10 Uhr
im ZDF ab Samstag, 30. November, 19.25 Uhr
bei KIKA ab Sonntag, 1. Dezember, 14.40 Uhr