Linda Selb hat im "Tatort" mehr Bezug zur Technik, als zu Menschen. Im Interview spricht Luise Wolfram unter anderem über ihre Rolle und ihrem Verhältnis zu ihrer Kollegin Liv Moormann.
Im Film „verliebt“ sich Linda Selb in eine Kamera, die hochauflösende 360 Grad-Bilder von Tatorten machen kann. Was fasziniert sie so an Technik?
Technik funktioniert nach klaren Regeln und hat kein Eigenleben. Sie ist verlässlich. Ein wenig wie die Mathematik an sich. Und ich denke, das entspannt Linda Selb sehr, da sie nicht vor zwischenmenschliche Rätsel gestellt wird. Und dazu kommt, dass sie ihr hilft, ihren Job gut zu machen und die Fälle zu lösen.
Dafür hat sie Probleme, die Gefühle anderer zu verstehen – und wirkt dadurch oft, als wären andere ihr egal. Täuscht dieser Eindruck?
Ich denke, viele Menschen sind ihr tatsächlich egal. Und dann gibt es da Liv Moormann, die ihr vielleicht schon mehr ans Herz gewachsen ist, als sie das selber wahrhaben will. Und wir erleben auch immer wieder punktuell in Fällen, dass sie sich für bestimmte Charaktere sehr erwärmen kann.
Als Linda das Weihnachtsfest bei der Seemannsmission verbringt, hat sie „das beste Weihnachten ever“. Warum versteht sie sich so gut mit den Matrosen?
Eine Seemannsmission ist ein Ort der Unbeständigkeit. Alle kommen dort für diesen einen Abend, diese paar gezählten Momente zusammen und gehen danach wieder hinaus auf die Weltmeere oder eben ins Kommissariat. Die Stimmung ist ausgelassen und Linda lässt sich mitreißen. Nicht nur davon, sondern auch von einem bestimmten Matrosen, den sie eigentlich zuerst nur befragen will …
Wie würden Sie das Verhältnis zwischen Linda und ihrer Kollegin Liv Moormann beschreiben?
Sie kennen sich sehr gut inzwischen und stehen füreinander ein. Sie sind loyal und jede passt auf ihre Art auf die andere auf. Ihre Ermittlungsweise ist extrem unterschiedlich und darin fordern sie sich hin und wieder sehr heraus, auf der anderen Seite ist es sehr zielführend, was sie beide schätzen. Privat geben sie sich ab und an gegenseitig Einblicke, was sie aber viel kostet und deshalb nur selten geschieht. Umso schöner, wenn sie es schaffen.
Und wie gut verstehen Sie sich im realen Leben?
Wir sind sehr eng miteinander und ähnlich wie unsere Figuren, stärken wir einander den Rücken, was toll ist. Wir haben oft den ähnlichen szenischen Instinkt oder Geschmack und können uns aufeinander verlassen. Und vor allem lachen wir viel zusammen bei der Arbeit und haben ein ähnliches Level an Albernheit.
Schauen Sie privat auch „Tatort“-Filme mit anderen Teams?
Ja, zwar nicht regelmäßig, aber ich versuche schon immer auf dem Laufenden zu sein, welches Team in welcher Stadt ermittelt und wie die Tatort Landschaft sich so entwickelt.
Was sind aktuell Ihre sechs Lieblingsfilme und -serien?
The White Lotus finde ich gigantisch. Beide Staffeln. Es macht mich immer noch traurig, dass Jennifer Coolidges Figur gestorben ist. Dann sah ich neulich eine Doku, die Charlotte Gainsbourg über ihre Mutter Jane Birkin gedreht hat – toll. Deutsches Haus auf Disney Plus ist eine großartige Serie, die alle sehen sollten. Und All the Beauty and the Bloodshed steht auf meiner Liste, eine Doku über Nan Goldin.
"Tatort – Stille Nacht" am 8.12. um 20.15 Uhr im Ersten