Als das erfolgreiche Duo dann Anfang der Achtziger auseinander brach, hatte sich Kitano längst als hyperaktives Multitalent entpuppt, das in jedem Medium zu Hause ist. Gleich ob als Talkmaster im Radio, Darsteller in Fernsehspielen (seit 1975) oder Verfasser von humoristischen Kurzgeschichten. Damals begann sein Siegeszug durch die Studios, Redaktionen und Verlage. Heute gilt Takeshi Kitano allgemein als Japans führende Medienpersönlichkeit. Wie omnipräsent der hochverehrte und geliebte Beat Takeshi insbesondere auf dem Bildschirm ist, wurde der Nation erst wirklich bewusst, als er im August 1994 einen schweren Motorradunfall hatte. Das halbe Fernsehprogramm war plötzlich Makulatur, denn schließlich war er Woche für Woche in neun verschiedenen Sendungen von der Quiz-Show bis zum Fußballmagazin aufgetreten. Danach brachte es der rastlose Entertainer "nur" noch auf sieben TV-Termine pro Woche.
Ein Reflex seines Unfalls, an den noch eine halbseitige Lähmung des Gesichtsnervs erinnert, ist die Figur des malenden Rollstuhlfahrers Horibe in Kitanoas Film "Hana-Bi - Feuerblume" (1997), ein Schicksal, an dem Kitano selbst vor drei Jahren nur haarscharf vorbei geschlittert ist. Seine Filmkarriere begann 1982 als Darsteller in heimischen Produktionen. Mit Nagisa Oshimas Kriegsdrama aus einem Gefangenenlager "Furyo - Merry Christmas, Mr. Lawrence" tauchte der Name Beat Takeshi dann erstmals auch in westlichen Breitengraden auf. Neben David Bowie und Ryuichi Sakamoto verkörperte er den "typischen" japanischen Soldaten Sgt. Hara - autoritätsgläubig, brutal und, nach reichlichem Alkoholkonsum, sentimental. Bereits diese frühe Rolle macht die erstaunliche Diskrepanz zwischen Kino- und TV-Image deutlich: Der Spaßmacher auf dem Bildschirm und der Antiheld auf der Leinwand (insbesondere in seinen eigenen Filmen) sind wie ungleiche Brüder.
Für andere Regisseure spielte er etwa den mächtigen Yakuza Takohashi in dem Cyberspace-Thriller "Vernetzt - Johnny Mnemonic" (1995) mit Keanu Reeves oder den einäugigen, schwulen Killer in der Gangsterballade "Gonin" von Takashi Ishii. Er war auch der Hauptdarsteller in der Verfilmung seines Romans "Many Happy Returns" (1993), einer Satire auf die religlösen Kulte Japans, inszeniert von seinem früheren Assistenten Toshiniro Tenma. Sein Regiedebüt gab Takeshi Kitano 1989 mit "Violent Cop", in dem er ursprünglich nur die Titelrolle hatte spielen sollen. Es folgten "Boiling Point" (1990) sowie "Sonatine" (1993), und die Yakuza-Trilogie, welche von emsigen Festivalbesuchern zwischen Cannes und Vancouver rasch zum Kult erklärt wurde, war komplett.
Weil sich westliche Verleiher mit japanischen Produktionen im allgemeinen und mit Kitanos ebenso kompromisslos persönlichen wie blutigen Gangsterfilmen im besonderen nicht eben leicht taten, blieb er ein Geheimtip. Immerhin: In Großbritannien gehören seine drei ersten Filme zu den meist verkauften fremdsprachigen Videotiteln aller Zeiten. Sein sechstes Werk, "Kids Return", lief 1996 u.a. im Rahmenprogramm von Cannes. Der Goldene Löwe von Venedig 1997 für "Hana-Bi" markiert den vorläufigen Höhepunkt seiner internationalen Karriere. Zur Preisverleihung hat das Fachblatt Variety ausdrücklich angemerkt: "Dies war einer der seltenen Fälle, wo die Entscheidung der Jury von der versammelten Kritik einhellig begrüßt wurde."
Weitere Filme von und mit Takeshi Kitano: "Tokyo Eyes" (1998), "Kikujiros Sommer", "Tabu" (beide 1999), "Brother", "Battle Royale" (2000), "Dolls", "Battle Royale II" (2003) und "Zatôichi - Der blinde Samurai" (beide 2003).