Bei "Markus Lanz"

Schüler legt sich mit CDU-Politikerin Karin Prien an : "das Gefühl, wir werden ein bisschen alleingelassen"

26.01.2024, 08.37 Uhr
von Natascha Wittmann

Die Kultusministerin von Schleswig-Holstein Karin Prien (CDU) und auch die FDP-Politikerin Bettina Stark-Watzinger mussten sich in der Talkrunde von Markus Lanz am Donnerstagabend zahlreiche Vorwürfe anhören, vor allem von einem 18-jährigen Schülervertreter. Steckt Deutschland in der Bildungsmisere?

Im Dezember machten die jüngsten PISA-Ergebnisse deutlich, was schon länger vermutet wurden: Die Bildungsmisere in Deutschland macht sich mehr und mehr in der Leistung der Schüler bemerkbar. Bei "Markus Lanz" reagierte Journalistin Eva Quadbeck dementsprechend überrascht, dass auf politischer Seite kein Aufschrei zu spüren war: "Ich nehme nicht wahr, dass Bildungspolitiker (...) sagen würden: 'Wir müssen das System echt vom Kopf auf die Füße stellen'." Statt einer "Aufbruchsstimmung" nehme Quadbeck unter den Verantwortlichen "eher so ein Schulterzucken" wahr. Ein Vorwurf, den der 18-jährige Schüler Florian Fabricius so bestätigen musste: "PISA war eine Woche in den Medien, und danach war's vorbei!"

Karin Prien: "Wir werden uns ganz verstärkt auf die basalen Kompetenzen konzentrieren"

Die stellvertretende CDU-Vorsitzende Karin Prien reagierte empört und wiegelte ab. Florian Fabricius hakte dennoch nach: "Was ist jetzt die große Trendwende, die kommt, nach den katastrophalsten Ergebnissen seit 20 Jahren?" Die Kultusministerin von Schleswig-Holstein antwortete prompt: "Wir werden uns ganz verstärkt auf die basalen Kompetenzen konzentrieren. Es muss mehr geübt werden, es muss mehr gelesen werden." Dies seien laut Prien "die entscheidenden Stellschrauben". Auch FDP-Politikerin Bettina Stark-Watzinger wehrte sich gegen den Vorwurf an die Politik und stellte klar: "Wir legen ganz bestimmt nicht die Hände in den Schoß. Haben wir nicht nach den PISA-Ergebnissen und auch nicht vor den PISA-Ergebnissen!"

Stark-Watzinger warnte vor den Konsequenzen "bröckelnder Bildung"

In Bezug auf den fehlenden Aufschrei, den Eva Quadbeck bemängelte, sagte Stark-Watzinger wütend: "Es wird für alles demonstriert auf den Straßen, aber ich sehe keine 'Saturdays for Education'." Florian Fabricius konterte fassungslos: "Also Entschuldigung!" Auch Markus Lanz hakte kritisch nach: "Brauchen Sie einen 'Saturday for Education', damit Sie tätig werden?" Stark-Watzinger ruderte prompt zurück und sagte: "Herr Lanz, jetzt legen Sie mir etwas in den Mund, was ich niemals gesagt habe." Die Politikerin ergänzte, dass sie sich lediglich wünsche, "dass auch in der öffentlichen Diskussion das Thema einen breiteren Raum" finde.

"Wenn Bildung bröckelt", steige laut Stark-Watzinger nämlich "das Misstrauen in Institutionen". "Das heißt, das hat auch etwas damit zu tun: Wo geht unsere Gesellschaft hin?", so die Politikerin streng. Bildung müsse laut Stark-Watzinger als "Grundstock" gesehen werden, "weil er so viel bedient: Lebensweg, Wachstum und Wohlstand und Demokratieverständnis". Dem stimmte zwar der 18-jährige Schüler Florian Fabricius zu, er erklärte jedoch: "Wir haben das Gefühl, wir werden ein bisschen alleingelassen von der Politik auch als Schüler, auch als junge Menschen."

Schülervertreter fordert mehr Einbezug in die Politik

Laut Florian hätten deutsche Schüler zwar keine große Lobby, "aber wir sind mindestens genau so bedeutend. Nicht zuletzt auch, weil wir in einer Demokratiekrise stecken. Und die Schüler von heute, das sind die Wähler von morgen." Er ergänzte mit strenger Miene: "Wenn wir Schüler heute in die Politik mit einbezogen werden und wir merken, wir können die Demokratie mitgestalten, (...) wir haben Gestaltungsspielräume – dann sendet das natürlich auch das Signal, dass die Demokratie auch versucht, Leute zu beteiligen. Wenn wir das aber nicht tun, dann schießt die Politikverdrossenheit durch die Decke!"

Florian Fabricius bemängelte weiter, dass die Politik nicht sehe, dass auch junge Menschen "Impulse setzen", "Prioritäten setzen" und "auf Dinge aufmerksam machen" können. Dem widersprach Karin Prien jedoch vehement und erklärte, dass sich die deutsche Schülerschaft seit 2012 "massiv verändert" habe: "Wir haben einen deutlich ansteigenden Anteil an Kindern mit Zuwanderungshintergrund. Wir haben aber auch insgesamt bei dem Nachwuchs, den wir in Deutschland haben, eine Veränderung mit Blick auf die soziale Schichtung. (...) Und wir haben ein völlig verändertes Elternverhalten."

CDU-Politikerin für eine "grundsätzliche Veränderung" des Schulsystems

Prien fügte energisch hinzu: "Zum Beispiel lesen immer weniger Eltern ihren Kindern etwas vor. (...) Das hat massive Auswirkungen!" Die CDU-Politikerin kritisierte auch die Mediennutzung von Kindern und Eltern, um sich abzulenken und nicht um Wissen zu vermitteln, wurde jedoch von Florian Fabricius falsch verstanden, der daraufhin konterte: "Der Vorwurf ist, mit Verlaub, komplett absurd. Wir haben eine Digitalisierung, die ist nicht nur zu langsam, sondern wir digitalisieren auch einfach schlichtweg falsch!"

Der 18-Jährige forderte daher von der Politik eine "proaktivere Medienbildung" und stellte klar: "Diese Medienbildung, die fällt nicht vom Himmel!" Als der Schüler immer wieder die fehlende Digitalisierung ansprach, stellte Prien klar: "Nein, das bestreite ich! Also in dieser Pauschalität stimmt das einfach nicht. Wir hängen in Deutschland hinterher (...), aber wir haben wahnsinnig aufgeholt in den letzten Jahren." Die CDU-Politikerin gab abschließend dennoch zu, dass sich das Schulsystem "grundsätzlich verändern" müsse – "und das können wir nur schaffen, (...) wenn wir die Systeme, Jugendhilfe, Eingliederungshilfe und Schule näher aneinander bringen." Es bräuchte demnach "gemeinsame Standards (...), auf die wir uns verständen" sowie "den Mut, uns Ziele zu setzen, die für alle verbindlich sind".


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

Das könnte Sie auch interessieren