Bei "Markus Lanz"

FDP-Vize Johannes Vogel findet deutliche Worte: "Hubert Aiwanger muss sich öffentlich erklären!"

30.08.2023, 08.45 Uhr
von Natascha Wittmann

Die geplante Kindergrundsicherung wurde am Dienstagabend Thema bei "Markus Lanz". Doch auch die Flugblatt-Affäre, die derzeit die bayerische Landesregierung beschäftigt, wurde diskutiert. FDP-Vize Johannes Vogel machte seine Forderungen an Hubert Aiwanger deutlich. Zudem war Reinhold Beckmann Gast der Sendung.

Die Uneinigkeit der Ampelkoalition – ein Zeichen der Zeit oder eine echte Gefahr? In der Dienstagsausgabe von "Markus Lanz" (ZDF) zeigte sich FDP-Vize Johannes Vogel zunächst selbstbewusst, als er behauptete, dass die Ampelregierung trotz aller Uneinigkeiten eine effektive Koalition sei, denn: "Wir kriegen es ja bei Themen hin, über die wir oft zu wenig reden." Die Gesellschaft sowie die Medien würden sich laut Vogel lediglich auf jene Themen stürzen, "wo gestritten wird".

Außerdem räumte er ein, dass es künftig eher unwahrscheinlich sei, dass man zu einer Situation komme, in der "irgendwie zwei Parteien" miteinander koalieren würden, "die sich zu 80 Prozent einig sind und dann nur noch 20 Prozent diskutieren müssen". Durch das "veränderte Parteiensystem" gebe es laut Vogel nun mal die Situation, dass ganz unterschiedliche Parteien miteinander koalieren müssen und es dadurch häufiger zu Debatten kommen werde.

Unzufriedenheit der Bevölkerung und eine gesteigerte Radikalisierung im Land

Ein Thema, über das zuletzt gestritten wurde: die Kindergrundsicherung. Besonders diskutiert wurde eine Rede von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), in der er einen direkten Zusammenhang zwischen Migration und Kinderarmut herstellte und stattdessen Investitionen in Sprachförderungen, Schulen und Kitas anstelle finanzieller Hilfen für Familien vorschlug. "Spiegel"-Journalistin Melanie Amann bezeichnete die Wortwahl Lindners aktuell als "eine Kategorisierung", in der vor allem die ausländischen, nicht aber "die deutschen Kinder" das Problem seien.

Auch ZDF-Moderator Markus Lanz stellte in seiner Sendung klar: "Ich finde das nicht okay". TV-Moderator Reinhold Beckmann sah derweil einen Zusammenhang zwischen der wachsenden Unzufriedenheit der Bevölkerung und einer gesteigerten Radikalisierung im Land, denn: "Jeder spürt diesen Druck, jeder hat irgendwie eine veränderte Lebenssituation." Lebensträume wie ein Hauskauf sei für viele derzeit nicht mehr möglich, die immer dramatischere Schere zwischen Arm und Reich dürfe laut Beckmann "in unserem Land nicht passieren", andernfalls würden "politische Denkzettelwähler" entstehen, wie Beckmann es nennt.

Lanz wollte daraufhin wissen, ob eine Radikalisierung der Mitte schließlich dazu führen könne, dass "rechtsextreme Parteien" übernehmen? Militärexperte Sönke Neitzel wiegelte ab: "Also ich halte von diesem Vergleich mit Weimar nicht sehr viel." Die Grundvoraussetzungen seien laut Neitzel aktuell ganz andere. Dennoch sehe er eine Gefahr in den Streitereien der Ampel, die zu "großer Frustration" führen und schließlich zu einem "Teufelskreis" werden könnten.

Flugblatt-Skandal rund um den bayerischen Wirtschaftsminister

Journalistin Melanie Amann stimmte zu und ergänzte: "Das stimmt natürlich schon, dass unsere Demokratie fragil ist in ihren Strukturen." Dies brachte Lanz wiederum auf den aktuellen Flugblatt-Skandal rund um die bayerischen Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) und seine Folgen zu sprechen. Dazu sagte FDP-Vize Johannes Vogel: "Man wundert sich, was da in Bayern passiert." Er forderte: "Hubert Aiwanger muss sich öffentlich erklären!"

Melanie Amann fügte hinzu: "Ich würde auch gar nicht sagen, er muss jetzt sofort zurücktreten." Den sofortigen Rauswurf sehe sie als "völlig falsche Reaktion", dennoch bezeichnete sie die Reaktion des Politikers als "jenseits von akzeptablem Verhalten" und verortet ein verändertes Diskurs-Klima: "Es würde mich nicht wundern, wenn vor fünf Jahren dieser Mann sofort zurückgetreten wurde oder sich zumindest entschuldigt hätte", meint sie. Stattdessen gäbe der stellvertretende bayerischer Ministerpräsident "widersprüchliche Antworten" oder ducke sich weg. "Wir sind im gesellschaftlichen Diskurs auf eine schiefe Bahn gekommen im Umgang mit dieser Sache", so die Journalistin.

Nicht nur die aktuelle politische Lage in Deutschland war Teil der Sendung, sondern auch der anhaltende Krieg in der Ukraine. Dazu erzählte TV-Moderator Reinhold Beckmann anlässlich der Veröffentlichung seines Buchs "Aenne und ihre Brüder" auf schockierende Weise, wie seine vier Onkel während des Zweiten Weltkriegs ums Leben kamen. Als Teil der deutschen Wehrmacht waren sie laut Beckmann "Diener des Systems".

"Unverlierbarkeit im Guten"

Während das Schicksal von Beckmanns Familie für betretenes Schweigen unter den Gästen sorgte, lenkte Markus Lanz immer wieder den Fokus auf Aenne, die Mutter des Moderators. Beckmann wurde sichtlich emotional, als er über ihre "Unverlierbarkeit im Guten" und ihre unerschütterliche "Lebenshoffnung" sprach, obwohl ihr "keine Bildung geschenkt" wurde und sie selbst ihre Eltern früh verlor.

Dass nun an vielen Orten in der Ukraine, die für die damaligen Soldaten eine wichtige Rolle spielten, wieder Krieg herrscht, ist für Beckmann nach wie vor unvorstellbar. "Das war schon natürlich erstmal ein Schock, dass das wieder passieren konnte. Wir dachten alle, wir wären doch so weit in unserer zivilisierten, europäischen Welt, dass so ein Krieg nicht mehr möglich wäre."

Lanz wollte in dem Zusammenhang auch von seinen Gästen wissen, ob sie Parallelen zwischen dem Krieg in der Ukraine und dem Zweiten Weltkrieg sehen können. Militärexperte Sönke Neitzel verneinte dies mit den Worten: "Der Krieg in der Ukraine ist ein sehr, sehr anderer." Er fügte hinzu: "Wir sehen Gott sei Dank, dass dieser Krieg in der Ukraine nicht so eskaliert mit nicht denselben Opferzahlen wie der Krieg in der Ukraine 41/42." FDP-Vize Johannes Vogel stellte dennoch klar, dass er noch ein langes Blutvergießen vermute, denn: "Der Krieg kann nur enden, wenn dieser menschenverachtende Angriffskrieg Putins scheitert." Auch Reinhold Beckmann teilte diese Einschätzung und gab zu, dass er davon ausgehe, "dass dieser Krieg in der Ukraine (...) bis ins nächste Jahr weitergeht."


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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