Drama im Ersten

"Lang lebe die Königin": ARD wiederholt Hannelore Elsners letzten Film

22.06.2022, 08.22 Uhr
von Eric Leimann

Ihren letzten Film konnte Hannelore Elsner nicht mehr zu Ende bringen. In "Lang lebe die Königin" übernahmen deshalb fünf äußerst prominente Kolleginnen ihre Rolle in den noch fehlenden Szenen.

ARD
Lang lebe die Königin
Tragikomödie • 22.06.2022 • 20:25 Uhr

Man muss schon schlucken, wenn man den letzten Film Hannelore Elsners sieht – ganz unabhängig von seiner im Drehbuch stehenden Geschichte. Elsner starb am 21. April 2019, ziemlich genau ein Jahr vor der Erstausstrahlung dieses ARD-Fersehfilms im Frühjahr 2020. Die Schauspielerin erlag ihrer schweren Krebserkrankung. In "Lang lebe die Königin" spielt sie eine divenhafte Mutter – mit einer Krebserkrankung. Zum Plot: In ihren letzten Lebensmonaten versuchen Rose Just (Elsner) und ihre Tochter Nina (Marlene Morreis) verzweifelt, ihre etwa 40-jährige Geschichte eines zermürbenden Generationskampfes doch noch zu einem guten Ende zu führen. Weil Hannelore Elsner die Dreharbeiten nicht mehr abschließen konnte – ganze fünf Szenen fehlten – sprangen fünf unterschiedliche Stars für sie ein, die – unkommentiert und ohne den Versuch, sich irgendwie als Elsner zu "verkleiden" – ihre Rolle als Rose Just einnehmen. Es ist ihr Abschiedsgruß an Hannelore Elsner, deren würdevolle Altersschwere in dieser Tragikomödie ein letztes Mal schillert.

Dabei erzählt der Film auch ohne seine tragische Hinter-den-Kulissen-Story eine durchaus kluge, anrührende Geschichte (Buch: Gerlinde Wolf): Nina Just (Morreis) führt kein schlechtes Leben, aber auch keines, das sie sich erträumte. Nach ihrer Schauspielausbildung brachte sie es mit Ende 30 gerade mal bis zum Star eines Verkaufssenders, wo sie leicht bekleidet mit einem schmierigen Partner absurde Produkte vorführen muss. Sie lebt, ohne dass es jemand wissen darf, mit ihrem unterkühlten Chef (Philipp Moog) zusammen, ist kinderlos und in einem lebenslangen Clinch mit ihrer Mutter Rose gefangen. Im Gegensatz zu Bruder Leon (Ole Puppe), der als Barmusiker in Südfrankreich ein freies, ungebundenes Leben führt, musste Nina stets um die Anerkennung ihrer Mutter kämpfen – und erhielt sie doch nie.

An allem hat die exzentrische Rose, die seit langem mit ihrem Lebensgefährten Werner Wittich (Günther Maria Halmer) liiert ist, etwas zu mäkeln. Mal ist Ninas Job lächerlich, dann wieder ihr – vermuteter – Freund zu alt. "Spätestens im Kindergarten werden sie ihn für den Opa halten", giftet Rose, als Nina in einer Art Trotz-Angriff wider die Mutter behauptet, sie wäre schwanger. Rose vermutet, dass Ninas Chef der Vater ist, ist aber ehrlich überrascht, als ihre Tochter den etwas jüngeren Mike (Matthias Kelle) als neuen Freund und Kindsvater präsentiert. Der arbeitet beim Pannendienst, hat Nina mit einem Autoschaden weitergeholfen und zeigt seine Gefühle für die "Kundin" frei heraus.

Als es Rose in den Monaten nach der ausgesprochenen Schwangerschaftslüge zunehmend schlechter geht, muss Nina – im wahrsten Sinne des Wortes – tragikomische Bocksprünge unternehmen, um ihre Story, aber auch die geheime Hoffnung auf ein Enkelkind und die späte Versöhnung mit der Mutter aufrechtzuerhalten. Mit wachsenden Kissen und BH-Einlagen unter der Oberbekleidung, mit behaupteten Freunden, die ihr zwischenzeitlich wieder weggelaufen sind, und anderen bitterkomischen Winkelzügen, steuert Nina auf eine Katastrophe zu, die ihr notdürftig zusammengeschustertes Leben immer mehr implodieren lässt. Gibt es einen Ausweg für die kühl spöttelnde Todkranke und ihre verzweifelte Tochter?

Superstar Iris Berben sprang ein

Einen großen Teil Ruhm erarbeitete sich Hannelore Elsner in ihren späten Jahren, als sie sich oft selbst zu spielen schien: Mit einer Mischung aus divenhafter Distanz und emotionaler Klarheit erschuf sie eine faszinierende Art Schauspiel, der man sich als Zuschauer nur schwer entziehen konnte. Dass es renommierte Kolleginnen ebenso sahen, beweist die Tatsache, dass mit Iris Berben, Eva Mattes, Hannelore Hoger, Judy Winter und Gisela Schneeberger bekannte Generations-Genossinnen nicht zögerten, als Regisseur Richard Huber ("Club der roten Bänder") mit seiner Idee auf die Schauspielerinnen zukam: Jede von ihnen sollte genau einen Drehtag für jeweils eine fehlende Szene absolvieren, was in allen fünf Fällen wunderbar geglückt ist.

Natürlich ist der Film dadurch etwas erklärungsbedürftig geworden. Manche Zuschauende werden sich fragen, was die anderen Damen in den Szenen da plötzlich sollen. Andererseits kann man dem Publikum derlei Irritation auch mal zumuten. Schließlich geht es in "Lang lebe die Königin" um die Brüchigkeit des Lebens, um Solidarität und Zusammenhalt in der Familie und darüber hinaus. Mit Improvisation leben und zufrieden sein zu können, ist eine Lehre aus diesem gelungenen Abschiedsfilm einer großen Diva.

Lang lebe die Königin – Mi. 22.06. – ARD: 20.15 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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