Krimi im ZDF

"Das Mädchen aus dem Bergsee": unwahrscheinliche Familiengeschichte

von Hans Czerny

Eine tote Prostituierte wird aus einem See in den Bergen gefischt. Bei der Suche nach dem Täter sieht sich Kommissarin Lisa mit ihrer eigenen Vergangenheit konfrontiert.

ZDF
Das Mädchen aus dem Bergsee
Krimi • 26.05.2021 • 20:15 Uhr

Was den Humor betrifft, selbst den schwarzen, auf den die mittlerweile 20 Filme umfassende Landkrimireihe des ORF zu Recht stolz sein kann, muss diesmal Fehlanzeige vermeldet werden. Die in den Tiroler Bergen spielende Kriminalgeschichte "Das Mädchen aus dem Bergsee" mit dem Zentrum Innsbruck entpuppt sich als Familiendrama der heikelsten Sorte, es geht im Film der Regisseurin Mirjam Unger ("Maikäfer flieg!") um Inzest und Vergewaltigung. Vielleicht hätte ja Lisa, die Kommissarin (Patricia Aulitzky), den Fall doch besser dem neuen Kollegen Alexander (Dominik Raneburger) überlassen sollen, statt dessen Ambitionnen so rigide abzuwürgen. Es wäre ihr viel schmerzliche Erkenntnis erspart geblieben, denn der Fall verweist sie zurück in ihre eigene Vergangenheit.

Die Personenkontrolle auf dem Flughafen hatte Lisa, die Kommissarin, schon hinter sich. Sie war gerade dabei, auf dem Innsbrucker Rollfeld ins Urlaubsflugzeug einzusteigen, als sie die Meldung von einer Leiche im heimatlichen Bergsee ereilte. Grund genug für sie, an den Ort ihrer Kindheit zu eilen. "Du bisch nid da!" wirft ihr der neue Kollege entgegen, weil er die unverhofft Zurückgekehrte doch im Urlaub wähnte. Die aber sagt leichthin: "I bin dei Chefin!" Alex daraufhin, resignierend: "I hab' eh ka Chance!"

Was hat der Fußballtrainer damit zu tun?

Auch später steht der Alex staunend und ziemlich ahnungslos dabei, wenn die Lisa, durch allerlei Indizien auf diese Spur verwiesen, einen berühmten Fußballtrainer im Stadion des SV Tirol verhört. Die Szene ist so unwahrscheinlich, dass selbst die Akteure zu schmunzeln scheinen. Der Trainer ist nach 20 Jahren in der Fremde nach Innsbruck zurückgekehrt. Auf Plakatwänden prangt er mit seinem Konterfei und dem Slogan: "Tirol, wo die Welt noch in Ordnung isch!" Erst mal erkennen sie sich nicht, der Trainer und seine Tochter, die er einst, wie die ganze Familie, verlassen hat. Später gibt es ein vorwurfsvolles, erschreckendes Wiedererkennen und einen krachenden Showdown.

Mühsam gestalten sich die Recherchen zum Werdegang der Toten. Erwürgt wurde sie, findet die Pathologin in zäher Kleinarbeit heraus, drei Jahre hatte sie in einem Bordell gedient und wohl auch mehrere Freunde gehabt. Eine befreundete Prostituierte gibt nur widerwillig Auskunft über die Tote und ihre Dates. Sehr allmählich fällt es Lisa, der Kommissarin, wie Schuppen von den Augen, dass die Tote, ungelogen, das Kind ihrer eigenen Schwester sei. Die hatte sich einst, so wird berichtet, das Leben genommen, das Grab wird auf Geheiß des Vaters vom Dorfpfarrer betreut.

Das wirkt alles zusammengebacken wie der Topfenstrudel (Quarkstrudel), der im Bordellspind der Toten aufgefunden wird und auf eine Tatspur verweist. Für Ironie, sonst immer ein herausragendes Landkrimi-Markenzeichen, ist in diesem inzestuösen Fußballtrainerfall der Autorin Eva Testor (auch Kamera) kein Platz. Der Fall wirkt mangels plastischer Charaktere im Ganzen eher behauptet als erzählt. Alleine die Kindheits-Traumbilder aus den vermeintlich glücklichen Tagen am See prägen sich ein. Sie beeindrucken ebenso wie das Panorama der Tiroler Bergriesen im Hintergrund. Der Krimi selbst wirkt in der Kulisse jedoch – gemessen an seinem Thema – erstaunlich nichtig und klein.

Das Mädchen aus dem Bergsee – Mi. 26.05. – ZDF: 20.15 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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