Mini-Serie im Ersten

"Das Begräbnis": Trauer mit Improvisation

von Eric Leimann

Ein bekannter Unternehmer ist verstorben. Sein Sohn (Charly Hübner) möchte die ganze Familie wieder zusammenbringen. Jan Georg Schütte lässt für die Mini-Serie "Das Begräbnis" wieder zahlreiche große Namen improvisieren.

ARD
Das Begräbnis
MIniserie • 25.01.2022 • 22:50 Uhr

Mittlerweile lässt Filmemacher Jan Georg Schütte ("Für immer Sommer 90") fast schon im Quartalsrhytmus improvisieren. Die Paartherapieserie "Kranitz – Bei Trennung Geld zurück" startete im Oktober 2021. Davor gruben der Hamburger Filmemacher und sein mittlerweile fast schon Stamm-Star Charly Hübner mit dem Film "Für immer Sommer 90" im Januar 2021 in schwierigen Lebenserinnerungen – wofür es in der letzten Vergaberunde Deutschlands renommierteste TV-Trophäe, den Grimmepreis gab. Nun kommt unter dem Titel "Das Begräbnis" Schüttest neuster Streich.

Ein Provinzfürst und Lebemann hat das Zeitliche gesegnet. Die Beerdigung des mecklenburgischen Sanitärunternehmers Wolf-Dieter Meurer bringt Menschen zusammen, die sich zum Teil seit Jahrzehnten nicht mehr gesehen haben. Dorfpfarrer Ernst (Thomas Thieme) zählt in seiner Grabrede die Wendepunkte der hier versammelten Leben auf: "Meurer Sanitär", gegründet nach der Wende 1990, wird mittlerweile vom bodenständigen Sohn Mario (Charly Hübner) geführt. Er möchte die ganze Familie ins Boot holen. Sogar den "verlorenen" Sohn, seinen älteren Bruder Thorsten (Devid Striesow), der als umtriebiger Geschäftsmann vor langer Zeit in die Welt hinausgezogen war. Zuvor gab es die Flucht der Tochter (Claudia Michelsen) in den Westen. Dann die Scheidung von der ersten Ehefrau (Christine Schorn) und eine zweite Familiengründung mit der deutlich jüngeren Gaby (Catrin Striebeck), der ein weiterer Sohn (Enno Trebs) entsprang.

Schließlich sind da noch Ziehtochter Anna (Anja Kling), ihr Mann Carsten (Martin Brambach) und deren Tochter Jacky (Luise von Finkh), die der Provinz stets erhalten geblieben waren. Zur Testamentseröffnung erleben einige der Anwesenden eine böse Überraschung. In sechs Folgen à 45 Minuten erzählt Jan Georg Schütte den Tag der Trauerfeier als tragikomisches Event, das die ganze Palette menschlicher Gefühle in emotionalen Grenzsituationen aufs Parkett wirft. In der ARD-Mediathek sind alle Episoden ab Dienstag, 25. Januar, verfügbar. Linear ist die Miniserie im Ersten immer dienstags, um 22.50 Uhr, zu sehen. Den Beginn macht eine Doppelfolge. Ab 1. Februar geht es im Wochenturnus mit Einzelepisoden weiter.

Schauspieler haben Lust auf die Improvisation

Keine Frage: Schüttes Methode, hoch veranlagte Schauspieler mit festen Rollenprofilen und unter Festlegung einiger Plotwendungen die Dialoge improvisieren zu lassen, hat sich im ARD-Programm etabliert. Grund dafür sind nicht nur zahlreiche Preise, die der 59-Jährige bislang für seine Werke sammelte, sondern auch die Tatsache, dass die bekanntesten Schauspielerinnen und Schauspieler in großer Zahl Lust auf derlei Projekte haben, in denen sie Spielfreude und Skills unbeschnitten von starren Drehbuchstanzen Kamera und Publikum präsentieren können.

Dass Schüttes Beerdigungs-Setting nicht ganz jene Wucht entfaltet, die er beispielsweise 2019 mit seinem anrührenden Film "Klassentreffen" erreichte (den es ebenfalls in einer längeren, sechsteiligen Miniserien-Version gibt), ist letztendlich vielleicht Zufall. Lediglich zwei Tage wurde mit 56 Kameras und einer Vielzahl von Schauplätzen improvisiert und gedreht. Die eigentliche Serie entstand danach im Schneideraum.

In "Das Begräbnis" sind die Irrungen und Wirrungen des Ensembles inklusive der Dramen um die Testamentseröffnung ein wenig vorhersehbar – was aufgrund der angewendeten Methode einerseits wundert, andererseits aber nachvollziehbar ist: Spielen sich bei Beerdigungen und im Zuge von Hinterlassenschaften nicht ohnehin immer ähnliche Dramen rund um Anerkennung, Gerechtigkeitsempfinden und menschliche Zusammenbrüchen statt? Jan Georg Schütte und sein hochprominentes Ensemble haben den "Kosmos Beerdigung" flirrend und durchaus vielschichtig eingefangen. In Werken wie "Wellness für Paare" oder eben "Klassentreffen" hat Schüttes Methode jedoch zu noch anrührenden Ergebnissen geführt. Den Stars beim trauernden, dann aber auch wieder das eigene Wohl im Blick habenden Seelenstriptease zuzusehen, macht dennoch auch diesmal wieder Spaß.

Das Begräbnis – Di. 25.01. – ARD: 22.50 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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