Bei "Caren Miosga"

Christian Lindner Lindner beklagt: "Wir haben dramatisch an wirtschaftlicher Wettbewerbsfähigkeit verloren"

09.04.2024, 08.25 Uhr
von Marko Schlichting

Im ARD-Talk "Caren Miosga" bekräftigte Christian Lindner seinen Wunsch, dass die Ampel bis zum Ende zusammenhalte. Den kritischen Fragen der Moderatorin wich der FDP-Politiker allerdings meist geschickt aus. 

Lindner: "Es gibt keinen Blankoscheck in der Politik"

Einigkeit war in den letzten Monaten in der Ampel-Koalition immer wieder Mangelware. In ihrer ARD-Talkshow versuchte Moderatorin Caren Miosga am Sonntagabend herauszufinden, warum Finanzminister Christian Lindner und seine Parteikollegen von der FDP immer wieder bereits beschlossene Gesetze infrage stellen. Den kritischen Fragen der Gastgeberin entzog sich Lindner aber meist geschickt und vermied unmissverständliche Aussagen.

Auf die Frage von Caren Miosga etwa, ob er die Ampel-Koalition platzen lassen wolle, antwortete er nicht mit "Nein". Stattdessen führte er aus: "Ich bin mir sicher, dass sich die Frage so nicht stellt. Denn hier haben wir es nicht mit Hasardeuren zu tun." Trotz vieler Debatten ("Ich spüre jeden Tag die Grenzen, an die wir stoßen.") habe man sich bisher noch immer zusammengerauft. Dennoch fügte der FDP-Chef hinzu: "Es gibt keinen Blankoscheck in der Politik. Dann wäre ich ja erpressbar." Immerhin sei es der SPD-Fraktionschef Mützenich gewesen, der seinem CDU-Kollegen Friedrich Merz das Angebot gemacht habe, über eine Reform der Schuldenbremse zu sprechen. "Was wäre passiert, hätte Herr Merz das angenommen? Das wäre der Koalitionsbruch gewesen."

Klare Haltung zur Schuldenbremse

So vage Lindner in manchen Antworten blieb, so klar fiel seine Haltung zur Schuldenbremse aus. Den angeordneten Sparkurs wolle er auch im kommenden Haushalt weiterführen, betonte er: "Es ist ein Gebot der ökonomischen Vernunft, dass Deutschland stabil bleibt." Angesichts des Übergewichts von Zinszahlungen im Vergleich zum Wirtschaftswachstum befürchtete Lindner bei einem Aussetzen der Schuldenbremse: "Wir würden uns strangulieren über einige Jahre." Deshalb sei es umso wichtiger, jetzt noch drei Jahre "Disziplin" an den Tag zu legen. In diesem Zusammenhang plädierte Lindner auch für eine geringere Steuerlast und einen Abbau von Bürokratie.

Abgesehen davon gab Christian Lindner zu, dass die FDP bestimmte Gesetze infrage gestellt hat – allerdings an vielen Stellen nicht ohne den Zusatz, die anderen Parteien seien auch nicht besser gewesen. Dabei konnte ihm Miosga diverse Themen nennen, wo sich die FDP gegen die anderen Ampelparteien gestellt hat. Lindner habe ein Update des Bürgergeldes gefordert, den beschlossenen Termin für den Kohleausstieg angezweifelt, das beschlossene Rentenpaket als zu niedrig kritisiert, die Kindergrundsicherung als Bürokratiemonster bezeichnet, eine rasche Wirtschaftswende gefordert und Steuersenkungen versprochen.

Das blutige Hobby

"Ich sehe, wie die Situation in unserem Land ist", entgegnete Lindner: "Wir haben dramatisch an wirtschaftlicher Wettbewerbsfähigkeit verloren." Im internationalen Standortvergleich sei Deutschland in den letzten zehn Jahren von Platz sechs auf Platz 22 gefallen, klagte Lindner. "Und mich lässt das nicht kalt, denn ich weiß: Alle die sozialen Ziele, die wir verfolgen, und die ökologischen Vorhaben, die unsere Gesellschaft hat, die haben eine Voraussetzung, nämlich ein stabiles wirtschaftliches Fundament. Und darum sorge ich mich, und ich mache Vorschläge, wie wir dieses stabile wirtschaftliche Fundament wiedergewinnen."

Während er Vorschläge mache, seien es die anderen Koalitionspartner, die wirklich blockieren, behauptete Lindner: Er habe das Auslaufen der Agrardieselsubventionen kritisiert, aber erst nach Landwirtschaftsminister Özdemir von den Grünen. "Wer hat eigentlich die letzten Wochen blockiert, dass die Bezahlkarte für Asylbewerber kommt?", setzte Lindner eine weitere verbale Spitze gegen die Grünen, ohne diese explizit zu nennen. Außerdem konstatierte Lindner: "Ich bin total offen und bekenne: Ich winke nicht alles durch. Aber einseitig zu sagen, die FDP sei Opposition in der Regierung, trifft den Sachverhalt nicht." Von der FDP verlangten die Menschen, sie solle für Freiheit stehen – und für Respekt vor Leistung und Eigentum, so Lindner. Das wollte er künftig noch klarer zum Ausdruck bringen.

Doch Lindner war nicht die ganze Zeit auf Krawall gebürstet. Zu Beginn der Sendung gab sich der Finanzminister von seiner privaten Seite und berichtete von einem seiner Hobbys: die Jagd, und wie er im Sommer immer wieder umsonst warte, dass er seine Beute vor die Flinte kriege. Außerdem, so Lindner, schätze er die Unabhängigkeit, Zeit mit seinen Freunden und seiner Frau, die er liebt. "Menschliche Beziehungen und Liebe: Das ist der größte Reichtum, den man im Leben haben kann", menschelte der 45-Jährige. Und schon wirkten die Koalitionsstreitigkeiten der letzten Wochen nicht mehr ganz so dramatisch.


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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