Free-TV-Premiere

"Tschiller – Off Duty": Viel Geballer, null "Tatort"-Feeling

von Jasmin Herzog
Nick Tschillers (Til Schweiger) persönlichster Fall führt den Kriminalhauptkommissar aus Hamburg auf eine Odyssee durch halb Europa.
BILDERGALERIE
Nick Tschillers (Til Schweiger) persönlichster Fall führt den Kriminalhauptkommissar aus Hamburg auf eine Odyssee durch halb Europa.  Fotoquelle: © 2016 Warner Bros. Ent. Alle Rechte vorbehalten.

Wer schiebt mal eben einen One-Night-Stand ein, während er seine Tochter aus den Fängen fieser Gangster befreien will? Wer provoziert mittels Giftpille den eigenen Herzstillstand, um aus einem türkischen Gefängnis zu entkommen? Nick Tschiller (Til Schweiger) tut so was. Den Hamburger "Tatort"-Kommissar megacool auf die Leinwand bringen – das war offenbar das oberste Ziel von Regisseur Christian Alvart. Wirklich geklappt hat das nicht. "Off Duty", der erste fürs Kino produzierte "Tatort" seit "Zabou" (1987), lockte vor zwei Jahren nur wenige in die deutschen Lichtspielhäuser. Jetzt feiert die Ballerorgie Free-TV-Premiere – und erneut stehen die Vorzeichen auf Flop.

ARD
Tatort: Tschiller – Off Duty
Kriminalfilm • 08.07.2018 • 20:15 Uhr

Inhaltlich knüpft "Off Duty" direkt an den TV-Tatort "Fegefeuer" vom Januar 2016 an. Wir erinnern uns: Nicks Frau kam damals ums Leben, sie wurde von Firat Astan (Erdal Yildiz) ermordet. Jetzt reist Tochter Lenny (Luna Schweiger) nach Istanbul, um den kurdischstämmigen Ganoven zu töten. Weil die Sache schiefgeht (Lenny wird entführt und zwangsprostituiert), muss der Papa ran.

Null "Tatort"-Feeling

Mit der Auswertung von Hinweisen oder durchdachten Plänen hält sich ein Nick Tschiller bekanntlich nicht lange auf, und so wirft er sich in diesem Power-"Tatort" Hals über Kopf in eine Hetzjagd von Istanbul bis Moskau, die gerne so knallen möchte wie ein Hollywood-Blockbuster, über weite Strecken jedoch ein bisschen wie ein B-Movie anmutet. Die Kämpfe, die Schießereien, die Verfolgungsjagden – in den entsprechenden US-Pendants wirkt das alles spektakulärer, professioneller und, ja, irgendwie auch sehr viel lässiger. Was unterm Strich bleibt: blutige Nasen, viel Krawumm, sinnfreie Dialoge und null "Tatort"-Feeling.

Nur der Vorspann ist noch derselbe wie immer. Keine Selbstverständlichkeit, wollte Schweiger dem "Tatort" einst sogar das nehmen. Und einen Lichtblick gibt es auch: Fahri Yardim. Er ist es in seiner Rolle als Tschiller-Sidekick Yalcin, der dieser krampfhaft um Coolness bemühten Action-Orgie doch noch zu etwas Lockerheit verhilft. Man ist für jede Szene mit ihm dankbar.

"Jetzt floppt er auch im Fernsehen"

Acht Millionen Euro kostete der Film, das Vielfache eines TV-"Tatorts". Während im Fernsehen aber gerne mal sieben, acht Millionen Krimifreunde einschalten, wurden nur knapp 300.000 Kinotickets für "Tschiller – Off Duty" gelöst. Dass der Film nun ausgerechnet in der "Tatort"-Sommerpause Premiere feiert, kurz vor Ende Fußball-WM, könnte den Film erneut floppen lassen.

Ein Umstand, den auch Schweiger bereits beklagte: "Ich weiß, wie das jetzt ausgeht: Der Film wird vielleicht drei oder vier Millionen Zuschauer machen, und dann schreiben alle: Der 'Tatort' ist im Kino gefloppt, jetzt floppt er auch im Fernsehen", beschwerte sich der Schauspieler in der "Bild am Sonntag". Laut ARD hat der ungewöhnliche Ausstrahlungstermin allerdings praktische Gründe: "Off Duty" ist mit 130 Minuten deutlich länger als die ansonsten anderthalbstündigen Filme der Reihe. Man könne den Film also nur an einem Sonntag zeigen, an dem im Anschluss nicht "Anne Will" laufe, damit das Talkformat nicht ausfallen müsse.

Aber egal, wie die Quoten nun ausfallen werden: Tschiller bleibt im Einsatz. Derzeit plant der NDR mindestens eine weitere Episode des Schweiger-Sonntagskrimis. Aktuell werde ein Drehbuch entwickelt, so der Sender. Weitere Details wurden noch nicht bekannt.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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