Polizeiruf 110

Ein Wespennest, in dem niemand stechen will

23.03.2018, 15.38 Uhr
von Florian Blaschke
Gerade noch mal davongekommen: Bauunternehmer René Ottmann (Thomas Loibl) steht vor seinem brennenden Haus in Magdeburg.
BILDERGALERIE
Gerade noch mal davongekommen: Bauunternehmer René Ottmann (Thomas Loibl) steht vor seinem brennenden Haus in Magdeburg.  Fotoquelle: MDR/filmpool fiction/Conny Klein

Ganz kurz guckt er ein wenig verdattert, dieser Rene Ottmann (Thomas Loibl), vielleicht sogar ein bisschen verunsichert, doch damit ist es bald wieder vorbei. Zwar hat gerade jemand versucht, sein Haus abzufackeln, Hauptkommissarin Brasch (Claudia Michelsen) und ihr Kollege Köhler (Matthias Matschke) gehen sogar von einem Mordversuch aus, doch den beiden Ermittlern gegenüber legt der erfolgreiche Bauunternehmer schnell wieder seine alte Großspurigkeit an den Tag. Viel hat er nicht zu sagen. Oder er will nicht.

Die ersten Spuren und Hinweise führen zu einem Streit im Baugewerbe. Denn Ottmann hat jede Menge Feinde, seinen ehemaligen Freund und späteren Konkurrenten Paul Wettiger etwa, dessen Firma er gerade erst geschluckt hat. Zwar liegt Wettiger selbst mit einem Schlaganfall im Krankenhaus, doch sein Sohn klingt nicht gerade empört, als er von dem Anschlag hört. Hier haben eine ganze Menge Menschen Wut im Bauch. "Was ist denn das für ein Wespennest?", fragt Köhler nach der ersten Befragung. "Fragt sich nur, wer den giftigeren Stachel hat", entgegnet Brasch.

Apropos giftiger Stachel: Zwar beteuert Brasch immer wieder: "Bei uns ist auch nicht schlimmer als woanders", doch auch die Zusammenarbeit der beiden Kommissare miteinander und mit Kriminalrat Uwe Lemp (Felix Vörtler) läuft alles andere als harmonisch ab. Grund genug für Lemp, den beiden den Psychologen Niklas Wilke (Steven Scharf) als Vermittler vorzusetzen. Kleine Nebenkriegsschauplätze haben einem Krimi noch nie geschadet.

Diesen hier aber rettet auch dieser bewährte Trick nicht, denn irgendwie fehlt diesem Fall der Fall. Einen Spannungsbogen aufbauen, ohne dass etwas passiert, ist eine Kunst, den nicht viele Autoren und Regisseure beherrschen. Und bei Josef Rusnak und Maris Pfeiffer geht es schief. Bloß, weil die Musik dramatisch klingt und ein paar Alltäglichkeiten passieren, wird aus einem Fernsehfilm noch kein Krimi. Und fünf Minuten halbgarer Nervenkitzel zum Schluss sind ein bisschen wenig. Dabei wäre Potenzial dagewesen. Denn auch Uwe Schneider (David Korbmann), ein früherer Mitarbeiter Wettigers, hätte ein Motiv gehabt – und er ist bei einem Streit kürzlich erst mit einem Messer auf Ottmann losgegangen. Und auch die merkwürdige Verbindung zwischen Ottmann, seiner Schwägerin Susan Dietrich (Ursina Lardi) und deren Mann (Sebastian Rudolph) böte Stoff genug für mehr als nur einen Fall. Doch ohne Mord bleibt all das blass. Ohne Mord steht "Starke Schultern" auf reichlich wackligen Drehbuchbeinen.

Das Menschliche dagegen stimmt in diesem Polizeiruf, heißt: Was da zwischen den Ermittlern und den sonstigen Protagonisten stattfindet, ist stimmig erzählt und überzeugend gespielt. Dieses ständig spürbare Misstrauen zwischen Brasch und ihren Kollegen, die tief vergrabenen Ängste jedes Einzelnen, die liebevoll inszenierte Beziehung zwischen Köhler und seiner Frau (Bettina Stucky) und das genaue Gegenteil – das Verhältnis von Ottmann zu Susan Dietrich, all das ist teils anrührend, teils abstoßend, auch wenn die Kamera dabei manchmal übers Ziel hinausschießt und der Soundtrack gegenüber den Darstellern doch arg abflacht und phasenweise zu monoton daherkommt.

Am Ende aber berührt in diesem Fernsehfilm kaum etwas den Zuschauer wirklich, es gibt zu wenig Sympathien und zu wenig Antipathien, an denen man sich festhalten oder reiben könnte, zu vieles ist einem egal in diesem Fall und an zu wenig wird man sich am Montagmorgen noch erinnern können. Den Schauspielern wird das alles so gar nicht gerecht. Und der Polizeiruf-Reihe mit ihren oft überdurchschnittlich gut erzählten Fällen erst recht nicht.

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