Star aus "Bad Banks"

Paula Beer: "Am Ende fühlt man sich einsam"

von Eric Leimann
Die Serie "The Assassination of Gianni Versace" ist am 29. Januar 2018 bei Sky gestartet und handelt von der Ermordung des Modedesigners Gianni Versace im Jahr 1997. Mit dabei: Penelope Cruz als Donatella Versace.
BILDERGALERIE
Die Serie "The Assassination of Gianni Versace" ist am 29. Januar 2018 bei Sky gestartet und handelt von der Ermordung des Modedesigners Gianni Versace im Jahr 1997. Mit dabei: Penelope Cruz als Donatella Versace.  Fotoquelle: obs/Sky Deutschland

Für die exzellente Serie "Bad Banks" porträtiert Paula Beer eine junge Fachfrau in der Welt der Hochfinanz. Ein verführerisches, aber auch knallhartes Umfeld – wie die 23-jährige Schauspielerin bei ihrem Rollenstudium erfuhr.

Gerade wurde sie 23 Jahre alt, doch schon seit längerem gilt Paula Beer als eine der vielversprechendsten jungen Schauspielerinnen Deutschlands. Ihre Kamerakarriere begann mit 14 Jahren in Chris Kraus' "Coming of Age"-Elegie "Poll". Da spielte sie ein Mädchen, das in den Wirren des Ersten Weltkriegs zur Frau wird. Für François Ozons "Frantz" (2016) gewann Paula Beer den Nachwuchsdarstellerpreis der Filmfestspiele von Venedig. Neben einer Hauptrolle in Christian Petzolds Berlinale-Wettbewerbsbeitrag "Transit" (Kinostart: April) ist die feingliedrige Brünette nun in Christian Schwochows herausragenden Serie "Bad Banks" über Investment-Banker zu sehen (Do., 01.03., 20.15 Uhr, bei ARTE, und ab Sa., 03.3., 21.45 Uhr, im ZDF). Ein Gespräch über junge Leute, die schneller sind als andere – und die Sexyness der Verführung.

prisma: Es gab in den letzten Jahren eine Menge Filme über Finanzkrise und Banken. Was versucht Ihre Serie neu zu erzählen?

Paula Beer: Wir erzählen unsere Figuren sehr detailliert und intensiv. Das ist es letztendlich, was eine Serie sexy macht. Auch wenn die verrückte Welt der Hochfinanz natürlich immer sehr imposant wirkt, ich persönliche hatte mit dem Thema oft Schwierigkeiten. Mir sind Filme über Banker oft zu faktisch. Man benötigt Vorwissen, um diese Filme verstehen zu können. "Bad Banks" ist eine exzellent recherchierte und geschriebene Serie. Trotzdem geht es vor allem um Menschen – und da ist es auch okay, wenn man nicht weiß, was ein "Cat Bond" ist.

prisma: Was erleben die Protagonisten von "Bad Banks"?

Paula Beer: Es geht um die Fähigkeiten und Träume, aber auch Ängste und Schwächen der Menschen, die in diesem System arbeiten. Es ist eine Serie, die einen in ihren Bann zieht. Weil man plötzlich Menschen zuschaut – anstatt einem System, das man nicht versteht.

prisma: Was macht Menschen aus, die sich vom Job des Investment Bankers angezogen fühlen?

Paula Beer: Was alle dort vereint, ist eine hohe Intelligenz. Man muss unfassbar schnell und klug sein, um diese komplexen Zusammenhänge unter hohem Zeitdruck durchblicken zu können. Man muss außerdem immer "up to date" sein und mit einem großen Konkurrenzdruck klarkommen. Einerseits sind die Banker Teil eines großen Systems. Andererseits merken sie: "Ich kann Sachen mitbewegen, ich bin da nicht einfach nur austauschbar." Genau das ist verführerisch. Es ist Macht, der man immer näherkommt. Außerdem verschafft einem diese Arbeit einen ungeheuren Adrenalin-Push. Man kann sich hocharbeiten. Es ist jeden Tag aufs Neue ein Kampf. Ich denke, all diese Aspekte sind wichtig.

prisma: Dann ist Investment-Banking eine Art Leistungssport?

Paula Beer: Ja, total. Ein Dauersprint (lacht).

prisma: Die Broker sind oft sehr junge Leute – so wie Sie. Können Sie mit dieser Art der Verführung etwas anfangen?

Paula Beer: Mittlerweile fangen wieder viele Menschen sehr jung im Berufsleben an. In meiner Abi-Klasse war man mit 17 fertig. Manche waren erst 16. Dann geht's an die Uni, und nach drei Jahren hat man seinen Bachelor. Wer sich beeilt – und die Banker sind schnelle Leute – ist mit 21, 22 Jahren voll im Berufsleben. Da erscheint einem diese Macht, diese Summen, die da bewegt werden, schon sehr verführerisch. Auch ich musste mir das erst mal klarmachen. Als wir drehten, war ich 20 oder 21 Jahre alt. Anfangs dachte ich: "Ich kann doch keine Bankerin spielen." Doch die jungen Männer und Frauen, die vergleichbare Jobs machen wie ich in der Serie, sind in Wirklichkeit kaum älter.

prisma: Wie haben Sie sich auf die Rolle vorbereitet?

Paula Beer: Christian Schwochow stellte mir ein Paket aus Büchern, Texten, Filmen und Dokumentationen zusammen. Damit – und natürlich mit dem Drehbuch – habe ich mich vorbereitet. Wir Schauspieler durften Leute kennenlernen, die in diesem Banker-Job gerade angefangen haben. Und welche, die ausgestiegen sind. So bekamen wir einen vielschichtigen Zugang zu unseren Rollen.

prisma: Die Banker in der Serie sind allesamt krasse Charaktere. Da gibt es Drogen-, Sex- und Arbeitssucht. All diese jungen, hochintelligenten Menschen scheinen psychisch deformiert ...

Paula Beer: Natürlich bedeutet Film immer komprimiertes, insofern überzeichnetes Leben. Unsere Serie erzählt ihren Plot über acht Wochen. So viel, wie da passiert, würde einem echten Menschen in diesem System vielleicht in ein oder zwei Jahren widerfahren. Selbst dann wäre es immer noch ein Hochgeschwindigkeitsleben, von dem wir berichten. Ich bin der Meinung, dass es kaum möglich ist, so zu leben und dabei – ohne Hilfsmittel – leistungsstark und gesund zu bleiben.

prisma: Macht das System die Menschen krank, oder zieht es Charaktere an, die ohnehin eine gewisse Leere zu füllen haben?

Paula Beer: Die meisten, die diesen Job machen, hören mit Anfang, spätestens Mitte 30 damit auf. Ich glaube, dass es tatsächlich einen besonderen Antrieb braucht, um diesen Wahnsinn mitzumachen. Ohne eine besondere Disposition hört man sicher schnell wieder auf, so zu arbeiten und zu leben. Es ist schon ein sehr krasses System. Für mich wäre es ganz sicher nichts.

prisma: Was ist für Sie das Fazit der Serie? Transportiert Sie eine Wahrheit?

Paula Beer: Dass zwischenmenschliche Nähe immer wichtiger ist als Geld. Egal, wie viel Macht ein Mensch hat oder welche Summen er bewegt: Am Ende fühlt man sich einsam, wenn man nicht geliebt wird oder nicht zu lieben versteht. Wer nur auf die Karte Macht setzt, wird sich am Ende in einem zusammengebrochenen Kartenhaus wiederfinden.

prisma: Kommen wir zu Ihnen. Sie haben mit 23 Jahren bereits einige große Rollen gespielt und mit berühmten Regisseuren gearbeitet. Trauen Sie Ihrer eigenen Erfolgsgeschichte über den Weg?

Paula Beer: Ich bin da tatsächlich so reingerutscht, und bis jetzt lief alles märchenhaft gut. Mit acht Jahren stand ich das erste Mal auf der Bühne. Mit zwölf wusste ich, dass ich das gerne professionell machen würde. Ich spielte im Kinderensemble des Berliner Friedrichstadt-Palasts. Während meiner ersten Revue dort wurde ich von einer Casterin entdeckt. So bekam ich die Rolle in "Poll", meinem ersten Kinofilm von Chris Kraus. Ich glaube, er hat mir damals ein Grundverständnis für Schauspielerei vermittelt, an das ich heute noch glaube. Da war ich 14.

prisma: Haben Sie je darüber nachgedacht, eine richtige Schauspielschule zu besuchen?

Paula Beer: Doch, natürlich. Noch zu Schulzeiten oder direkt danach begann ich intensiv mit Workshops. Zwei bis dreimal pro Woche arbeitete ich dort. Mit meiner Rolle in "Das finstere Tal" bin ich dann verstärkt auf Einzel-Coachings bei Frank Betzelt gegangen. Das hatte dann noch mal eine andere Intensität. Dazwischen fand die ganze Zeit ein Dreh nach dem anderen statt. Irgendwann wollte ich es noch mal wissen, da besuchte ich einen Sommerkurs an einer Londoner Schauspielschule. Es war interessant – aber insgesamt konnte ich es mir nicht mehr vorstellen, noch mal in ein klassisches Schulsystem zurückzukehren.

prisma: Was löst das Spielen in Ihnen aus?

Paula Beer: Es beruhigt mich. Wenn ich auf die Filme zurückblicke, die ich bis jetzt drehen durfte, lösen sie ein großes Gefühl der Zufriedenheit in mir aus. Zufriedenheit darüber, dass ich genau das tue, was mich glücklich macht. Ich liebe schon immer Geschichten. Geschichten angucken, Geschichten erzählen. Am Ende ist es das, was mich antreibt, glaube ich.

prisma: Dann ist es letztlich Neugier? Sie wollen wissen, was Ihre Charaktere erleben und tun ...

Paula Beer: Ja, es geht darum, Dinge zu verstehen, Menschen zu verstehen. Und das immer wieder aufs Neue. Ich möchte wissen, warum unterschiedliche Menschen die Welt völlig anders sehen. Dass sich zwei Menschen in einem Raum befinden, die gleichen Dinge sehen, aber alles völlig unterschiedlich bewerten – dieses Phänomen fand ich schon immer faszinierend.

prisma: An welchen neuen Projekten arbeiten Sie gerade?

Paula Beer: Momentan habe ich frei. Ich nutze die Zeit, um zu lesen und meine Wohnung zu renovieren. Ein Nachteil meiner Arbeit ist, dass man selten zu Hause ist. Für "Bad Banks" war ich vier Monate lang unterwegs. Fast drei Monate lang drehten wie in Luxemburg. Außerdem noch in Frankfurt und ein bisschen in Berlin. Da kamen Freunde und Familie viel zu kurz. Einfach mal zu Hause zu sein, die Tage mit Kaffeetrinken und Freunde treffen verstreichen zu lassen – das genieße ich gerade sehr. Insofern bin ich sicher anders gestrickt als die Banker in der Serie.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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