"Augmented Reality"

"Galileo" testet interaktives Fernsehen

von Sven Hauberg

Ist das die Zukunft des Fernsehens? Die ProSieben-Sendung Galileo zeigt, wie das Fernsehbild interaktiv wird. Und jeder kann es ausprobieren – ohne VR-Brille.

Wenn ProSieben die Zukunft des Fernsehens präsentiert, geht das natürlich nicht, ohne im selben Atemzug die glorreiche Vergangenheit des Mediums zu beschwören. Also muss einmal mehr der sprichwörtliche "Lagerfeuer-Effekt" herhalten, obwohl es doch eigentlich um etwas geht, das gar nicht mehr so viel gemeinsam hat mit dem klassischen, alten Fernsehen, um das sich die Familie einst, Samtagabend um Viertel nach acht, versammelt hat. "Augmented Reality" lautet das Stichwort, momentan einer der großen Trends in der Medienlandschaft. Für sein Wissensmagazin "Galileo" testet ProSieben in der Woche ab Montag, 6. November 2017, die neue Technologie. Und die Zuschauer können mitmachen, ganz einfach von zu Hause aus.

Erweitert wird dabei freilich nicht die Realität, wie der englische Begriff nahelegt, sondern das Fernsehen. Und das geht erstaunlich einfach. In der "Galileo"-Augmented-Reality-Woche zeigt das Wissensmagazin jeden Tag zwei bis drei Beiträge, die demonstrieren sollen, was die Technik kann. Alles, was der Zuschauer zu Hause benötigt, sind ein Smartphone oder ein Tablet sowie die kostenlose "Galileo"-App. Die mit dem "AR"-Label gekennzeichneten Beiträge können dann durch das Smartphone betrachtet werden. Rechts, links, ober- oder unterhalb des Fernsehbilds, das nun über den Smartphonebildschirm zu sehen ist, erscheinen dann Grafiken, Statistiken oder kleine, animierte Modelle, die teilweise sogar per Fingerzeig bewegt werden können und scheinbar neben dem TV-Gerät schweben.

Technik funktioniert überraschend zuverlässig

"Mehr Wissen" solle so vermittelt werden, erklärt Frederik Fichtner, der stellvertretende Redaktionsleiter von "Galileo". Durch die neue Technik kann sich der Zuschauer zusätzliche Informationen anzeigen lassen, Landkarten etwa, die darstellen, wo sich der Fernsehreporter gerade befindet. Oder Kochrezepte, für alle, die nachkochen wollen, was sie da gerade im Fernsehen sehen. Tatsächlich funktioniert die Technik überraschend zuverlässig, das Bild und seine virtuellen Erweiterungen werden auch dann noch angezeigt, wenn der Zuschauer vom langen Smartphone-halten zittrige Hände bekommt. Die Synchronisation von Fernseher und App erfolgt dabei ganz automatisch; die App erkennt, welcher Beitrag gerade läuft und welche Grafiken wann angezeigt werden sollen.

Zielgruppe der Augmented-Reality-Formate ist natürlich ein "junges, Smartphone-affines Publikum", wie Frederik Fichtner betont. Jene jungen Menschen also, die schon jetzt gleichzeitig googeln und fernsehen. Nur jetzt könne man das eben gemeinsam. Und da kommt das viel zitierte Lagerfeuer ins Spiel: Bei den neuen AR-Sendungen, glaubt Fichtner, könne sich "die ganze Familie vor dem Tablet versammeln", um gemeinsam in die virtuellen Welten einzutauchen.

"Galileo" als Spielwiese für die neue Technologie

Entwickelt wurde die Technologie von der Firma eyecandylab aus München. Eine "Weltneuheit" habe man da programmiert, heißt es von Unternehmensseite. Auf der Messe TechCruch in San Francisco habe sich sogar der CEO von Samsung begeistert gezeigt, verkündet man stolz. "Galileo" ist nun Spielwiese für die neue Technologie. Das Format, meint ProSieben-Senderchef Daniel Rosemann, sei "schon immer der Vorreiter für neue Technologien im Fernsehen" gewesen.

Ältere Semester werden sich noch an Versuche mit 3D-Brillen aus Papier und Plastikfolie erinnern, die einst Programmzeitschriften beigelegt waren. Etwas ausgereifter waren die Versuche von "Galileo", im vergangenen Jahr auch Beiträge zu zeigen, die man über eine Virtual-Reality-Brille miterleben konnte. Nur dass damals die technischen Hürden weitaus höher waren als jetzt mit der neuen Augmented-Reality-Technik. Eine VR-Brille besitzt schließlich fast niemand – ein Smartphone oder ein Tablet hingegen so ziemlich jeder.

Wobei die ganze Sache natürlich einen Haken hat: Das Fernsehbild, das man durch Smartphone oder Tablet betrachtet, mag zwar dank der erweiterten Realität die eine oder andere spannende Zusatzinformation bieten – es ist aber auch sehr, sehr klein. Da hilft auch ein Fernseher im XXL-Format nichts.

Ob Augmented Reality tatsächlich die Zukunft des Fernsehens ist, wird sich zeigen. Eines ist aber klar: Sollte sich die Technologie durchsetzen, dann wird sie das Medium grundlegend verändern. Bei "Galileo" mag AR nur eine Spielerei sein, in der Werbebranche aber wird man die Entwicklung wohl ganz genau verfolgen. Die Möglichkeit, während einer Sendung virtuelle Werbung einzublenden, ist in nicht mehr allzu ferner Zukunft wohl kein feuchter Traum von Werbetreibenden mehr. Und wer weiß: Vielleicht lässt sich schon bald per virtuellem Knopfdruck der Lieferdienst rufen, während in der "Galileo"-Reportage gerade gezeigt wird, wie eigentlich Fertigpizza entsteht.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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