Als Helmut Kohl 1982 mit den Stimmen der CDU/CSU-FDP-Koalition zum Bundeskanzler gewählt wurde, sahen viele in ihm nur einen Mann des Übergangs. Sehr lange hatte er im Schatten von Franz-Josef Strauß und Rainer Barzel gestanden, der Koloss aus Rheinland-Pfalz, über den man so gut Witze machen konnte und den kaum jemand ernst nahm. Doch Kohl blieb 16 Jahre lang an der Macht. In seine Amtszeit fiel die Wiedervereinigung Deutschlands. Doch wie sein großes Vorbild Adenauer schaffte Kohl nicht rechtzeitig den Rückzug aus dem Kanzleramt. Der Kanzler, der so vieles auszusitzen pflegte, wurde abgewählt - das erste Mal in der Geschichte, dass ein Kanzler nicht durch einen Rücktritt oder Koalitionswechsel abgelöst wurde.
Der ehemalige Bundeskanzler hat sich im Laufe seiner Karriere ohne Frage vom politischen Leicht- zum Schwergewicht entwickelt. Alle seine persönlichen wie politischen Facetten können in einer 90-minütigen TV-Biographie sicher nicht gezeigt werden. Zu komplex sind die Vorgänge, die zum Aufstieg und Fall des Kanzlers mit der längsten Amtszeit führten. Deshalb beschränken sich Regisseur Thomas Schadt ("Carola Stern - Doppelleben") und Ko-Autor Jochen Bitzer ("Der Bär ist los", "Der Vater meiner Schwester") hier wohl auch nur auf die Ereignisse der dramatischen Wochen im Herbst 1989, die schließlich zur Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten führten. Sie rettete Kohl vor dem vorzeitigen politischen Aus, der "Kanzler der Einheit" fiel ihm sprichwörtlich in den Schoß. Weitere Höhepunkte seiner Karriere lässt Schadt seinen Protagonisten, von Thomas Thieme hervorragend verkörpert, in einem fiktionalen inneren Monolog erzählen, wobei die dunklen Flecken - so etwa seine Verstrickung in die Parteispendenaffäre - auf der sonst so weißen Weste außen vor bleiben. Neues kann Thomas Schadt den Zuschauern also nicht erzählen!
Foto: ZDF/Stephan Rabold